Verflochtene Magnetfelder heizen Sonnenkorona

Neue Präzisionsmessungen helfen zu verstehen, warum die Korona tausendfach heißer sein kann als die Sonnenoberfläche
Die über eine Million Grad heiße Korona unserer Sonne zeigt eine Vielzahl feiner magnetischer Strukturen.
Die über eine Million Grad heiße Korona unserer Sonne zeigt eine Vielzahl feiner magnetischer Strukturen.
© NASA
Huntsville (USA) - Ein großes Rätsel der Sonnenforschung ist seiner Lösung ein gutes Stück näher gekommen. Bislang war nicht bekannt, über welche Mechanismen die dünne, äußere Sonnenkorona so stark aufgeheizt wird, dass sie noch rund tausendfach heißer ist als die Sonnenoberfläche. Dank neuer, hochpräziser Aufnahmen konnten Forscher der US-Weltraumbehörde NASA nun erstmals feine Strukturen im Plasma der Korona finden, die durch miteinander verflochtene Magnetfeldlinien zustande kommen. Wenn diese sich auflösen, wird sehr viel Energie freigesetzt. Hierdurch kann sich die Korona sich auf mehrere Millionen Grad Celsius aufheizen, berichten die Forscher im Fachblatt „Nature“. Die sehr viel dichtere, sichtbare Sonnenoberfläche ist mit immerhin 5.500 Grad Celsius deutlich kühler. Es gab zwar schon Modelle, die erklären, wie die Korona über Plasmawellen aufgeheizt werden kann. Doch dieser Mechanismus ist allein nicht stark genug, um die hohe Temperatur der Korona zu erklären.

„Die Beobachtungen zeigten, dass die Korona auf einer Skala von ungefähr 150 Kilometern übersättigt ist mit Regionen, in denen starke Plasmaströme auftreten und in denen magnetische Energie freigesetzt wird“, so Jonathan Cirtain vom Marshall Space Flight Center. „Wir sehen auch, dass die Magnetfeldlinien nicht verdrillt, sondern verflochten sind.“ Die Magnetfelder stammen von der sichtbaren Oberfläche der Sonne. Durch hitzebedingte Strömungen verflechten sie sich miteinander und transportieren auf diese Weise Energie in die Korona. Die Korona besteht aus extrem dünnem Plasma und reicht bis zu drei Sonnenradien weit in den Weltraum. Sie ist allerdings nur bei einer totalen Sonnenfinsternis mit bloßem Auge sichtbar. Damit sind nun zwei Mechanismen bekannt, wie die Korona zu ihren extremen Temperaturen gelangt: Die Plasmawellen heizen sie auf rund anderthalb Millionen Grad Celsius auf. Die sich auflösenden Magnetfelder geben einen weiteren Schub auf zwei bis vier Millionen Grad.

Die Forscher machten ihre Aufnahmen mit einer Kamera, die an Bord einer Forschungsrakete in den Weltraum geschossen wurde. Sie erreichte 267 Kilometer Höhe und blieb lediglich fünf Minuten im All, bevor sie an einem Fallschirm wieder zurück zur Erde segelte. Diese fünf Minuten reichten jedoch aus, um mit einer neuentwickelten Technik eine Serie von hochauflösenden Bildern zu machen. Die räumliche Auflösung ist mit rund 150 Kilometern gerade gut genug, um die Magnetfeldstrukturen sehen zu können. Die Schärfe der Bilder ist fünfmal so hoch wie die bislang besten Ablichtungen der Korona.

Eine große Schwierigkeit bei Korona-Aufnahmen ist es, die sehr viel hellere Sonnenoberfläche herauszufiltern, die sonst alle Bilder überstrahlt. Die Forscher lösten dieses Problem mit speziellen Filtern, die nur einen schmalen Wellenlängenbereich aus dem extremen Ultraviolett passieren ließen, der nur bei Temperaturen über einer Million Grad erzeugt wird. So konnten sie das normale Sonnenlicht ausblenden und die dünne Plasmahülle der Korona in bislang unerreichter Schärfe sichtbar machen. Die grundlegenden Prinzipien der Koronaheizung liegen nun auf dem Tisch. Andere Astronomen wünschen sich deshalb bereits weltraumgestützte Langzeitbeobachtungen, mit denen diese Phänomene über große Zeiträume verfolgt werden können. Das Verständnis der komplexen Plasmaströme um die Sonne könnte auch hilfreich sein beim Versuch, das Sonnenfeuer auf der Erde in Fusionskraftwerken nachzubilden.

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