Unter Hochdruck: Wann wandelt sich Wasserstoff zum Metall?

Experimente mit Diamantpresszellen liefern neue Hinweise auf metallische Phase von Wasserstoff – Möglicher Nutzen für Supraleiterforschung
Zusammengepresst zwischen zwei Diamanten brechen die starken Bindungen von Wasserstoffmolekülen auf (künstlerische Illustration)
Zusammengepresst zwischen zwei Diamanten brechen die starken Bindungen von Wasserstoffmolekülen auf (künstlerische Illustration)
© Philip Dalladay-Simpson, Eugene Gregoryanz
Edinburgh (Großbritannien) - Wasserstoff ist das leichteste aller Elemente und unter normalem Luftdruck gasförmig. Doch wird das Gas extrem stark zusammengepresst, verflüssigt es sich und kann sich sogar zu einem festen Metall verwandeln. Diesem Phasenwechsel sind nun britische Physiker einen großen Schritt näher gekommen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, konnten sie in einer Diamantpresszelle fast das Viermillionenfache des Atmosphärendrucks bei Raumtemperatur aufbauen. Spektralanalysen zeigten deutliche Hinweise, dass dabei die festen Bindungen in den Wasserstoffmolekülen aufbrachen und wahrscheinlich der Übergang zum metallischen Wasserstoff einsetzte.

„Mit dieser Arbeit schlagen wir ein neues Kapitel in der Wasserstoffforschung auf“, sagt Philip Dalladay-Simpson vom Centre for Science at Extreme Conditions an der University of Edinburgh. Dieser Stolz könnte begründet sein, denn der Physiker setzte zusammen mit Kollegen eine kleine Probe Wasserstoff mit bis zu 388 Gigapascal einem bisher nicht erreichten Druck aus. Möglich war dies mit eine Diamantpresszelle wie sie sonst gerne von Geowissenschaftlern für die Simulation extremer Drücke, die im Erdinneren herrschen, genutzt wird.

Ab 325 Gigapascal – einem Druck von 3,25 Millionen Atmosphären entsprechend – verdunkelte sich der Wasserstoff. Diesen Effekt erklärten Dalladay-Simpson mit der Erzeugung von leitenden Elektronen, die bei der einsetzenden Spaltung der Wasserstoffmoleküle entstanden. Belastbarere Hinweise jedoch lieferten sogenannte Raman-Spektren, die nach einer Laseranregung der Probe Änderungen im Schwingungsverhalten der Moleküle zeigten. Diese Änderungen wiesen auf das Entstehen atomaren Wasserstoffs hin. Diesen neuen Zustand von Wasserstoff nannten die Forscher Phase V, dem Vorläufer der metallischen Phase.

Vollständig zum Metall wandelte sich der Wasserstoff auch in diesem Experiment noch nicht. Dazu seien nach Schätzungen der Forscher noch höhere Drücke jenseits von 400 Gigapascal nötig. Doch ebnete dieses Experiment nun den Weg, um dieses Ziel in absehbarer Zeit erreichen zu können. Am Ende dieser Arbeiten werden nicht nur vollständige Phasendiagramme von Wasserstoff unter hohen Drücken stehen. Auch für die Suche nach Supraleitern, die elektrischen Strom ohne Widerstand und möglichst bei Raumtemperatur leiten sollen, könnte diese Art der Wasserstoffforschung wichtige Hinweise liefern.

Das gleiche Ziel verfolgen auch Wissenschaftler vom Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz. Vor fünf Jahren setzten sie Wasserstoff ebenfalls extrem hohen Drücken von bis zu 270 Gigapascal aus. Dabei entdeckten sie zunächst einen zuvor unbekannten Zustand des Wasserstoffs: Bei Drücken von mehr als 220 GPa verhielt sich der Wasserstoff wie ein Halbleiter, ab 230 GPa erstarrte er zu einem Festkörper. Als die Forscher den Druck auf die Probe weiter erhöhten, stieg die Leitfähigkeit des Wasserstoffs allmählich, bis sie bei etwa 270 GPa auf das Tausendfache sprang. Hierin sahen die Forscher einen deutlichen Hinweis auf die metallische Phase.

Einen eindeutigen Beweis für die metallische Phase stellte dieses Experiment aber noch nicht dar. Für eine Bestätigung müssten neben der elektrischen Leitfähigkeit noch weitere für Metalle typische Eigenschaften nachgewiesen werden. Zudem hielten es die Mainzer Forscher für möglich, dass Wasserstoff bei diesen Drücken nicht als metallischer Festkörper vorlag, sondern als metallische Flüssigkeit wie Quecksilber. Diese Flüssigkeit könnte sogar ein sogenanntes Suprafluid gewesen sein, die anders als herkömmliche Flüssigkeiten gänzlich ohne Reibung fließt.

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