Überraschend feinfühliger Kroko-Kiefer

Ausgeprägter Tastsinn von Krokodilen und Alligatoren – vor allem rund ums Maul – schlägt den menschlicher Fingerspitzen
Ein kleiner Alligator lässt sich im Wasser treiben.
Ein kleiner Alligator lässt sich im Wasser treiben.
© Mike Todd, Vanderbilt University
Nashville (USA) - Alligatoren und Krokodile haben eine überaus dicke und robuste Haut. Trotzdem besitzen die Panzerechsen einen sehr empfindlichen Tastsinn – sogar feinfühliger als menschliche Fingerspitzen. Von dieser überraschenden Entdeckung berichten US-Biologen im Fachblatt „Journal of Experimental Biology“. Besonders sensitiv sind die Reptilien im Gesicht rund um Maul und Kiefer. Dort ist die Dichte der Tastsinnesorgane – erkennbar als kleine, kuppelförmige, pigmentierte Punkte – am höchsten. Die Forscher vermuten, dass die Reptilien mit Hilfe dieses ausgeprägten Tastsinns rasch und sicher zwischen lohnender Beute und ungenießbarem Abfall unterscheiden können. Zudem hilft das Feingefühl Krokodilmüttern dabei, ihren Jungen aus dem Ei zu helfen oder vorsichtig im Maul zu transportieren.

„Wir haben nicht erwartet, dass diese Punkte so empfindlich sind, weil die Tiere so stark gepanzert sind“, sagt Duncan Leitch von der Vanderbilt University. Zur möglichen Funktion der punktförmigen Strukturen auf der Haut der Reptilen gab es bisher unterschiedliche Hypothesen. Sie reichten von Sekretionsorganen für Öl über Sinnesorgane für die Wahrnehmung elektrischer oder magnetischer Felder oder des Salzgehalt des Wassers bis hin zu Tastsinnesorganen, mit denen Druck und Vibration erkannt werden. Leitch und sein Kollege Ken Catania waren dem Zweck der mysteriösen Punkte und deren neuronaler Verbindungen nun näher auf den Grund gegangen. Dazu setzen sie unterschiedliche Methoden ein, darunter Licht- und Elektronenmikroskopie; außerdem testeten sie die Reaktion der Hautsensoren auf unterschiedliche Reize.

Auf elektrische Felder oder Veränderungen des Salzgehaltes des Wassers reagierten die Sinnesorgane nicht, aber auf unterschiedlichste Formen von Druck und Vibrationen. Manche erkennen zum Beispiel Vibrationen, wie sie auch von feinen Wellen im Wasser ausgelöst werden. Andere sprechen auf Druckreize an, die so fein sind, dass menschliche Fingerspitzen sie gar nicht wahrnehmen würden. Die mikroskopischen Untersuchungen enthüllten eine überaus komplexe Anatomie dieses Tastsinnessystems. So stellte sich unter anderem heraus, dass die kuppelförmigen Sinnesorgane über den Trigeminus-Nerv mit dem Gehirn verbunden ist, der auch beim Menschen für die Empfindungen im Gesicht und Kiefer verantwortlich ist. Besonders ausgeprägt ist die nervliche Verdrahtung dabei im Maul, in der Nähe der Zähne. Außerdem verlaufen die Nerven größtenteils innerhalb des Knochens, wo sie gut geschützt sind.

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