Trotz Farbenblindheit tarnen sich Tintenfische in der Umgebungsfarbe

Neue Bildgebungstechnik macht Perfektion der Tarnung sichtbar
Woods Hole (USA)/Hsinchu (Taiwan) - Obwohl Tintenfische farbenblind sind, verschmelzen sie farblich - auch in den Augen ihrer Jäger - mit ihrem Hintergrund. Die Übereinstimmung ist in vielen Details erstaunlich perfekt, berichten jetzt US-Forscher. Sie hatten die Haut getarnter Tiere und deren Umgebung mithilfe einer neuen Bildgebungstechnik analysiert. Außerdem simulierten sie die Sehfähigkeit der Fische, Vögel und Meeressäuger, denen Tintenfische als Nahrung dienen. Tatsächlich sind die getarnten Tiere für ihre Räuber kaum mehr zu erkennen, berichten die Forscher in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS). Noch ist unklar, wie die Tarnung ohne eigene Farbsicht gelingt. Allerdings liefern die Ergebnisse wertvolle Hinweise auch für die Werbung, Architektur und militärische Anwendungen.

"Wodurch wird eine Tarnung effektiv? Die Antwort hängt ganz davon ab, wen man fragt", erklärt J. Kenneth Wickiser, Professor für Chemie und Biowissenschaften an der US-Military Academy West Point. "Unsere Arbeit bringt uns ein Stück näher an das Ziel, die Effektivität von Tarnung zu messen." Gemeinsam mit Kollegen aus Taiwan, vom Marine Biological Laboratory in Massachusetts und der Brown University in Rhode Island hatte Wickiser die Tarnfähigkeit des Gewöhnlichen Tintenfischs (Sepia officinalis) intensiv unter die Lupe genommen. Diese Tiere nutzen Tarnung als Haupt-Verteidigungsmechanismus. Dank spezieller Pigmentzellen dicht unter der Haut und anderer Zellen, die unterschiedliche Lichtwellenlängen streuen oder reflektieren, können die Kopffüßer sie das Aussehen ihrer Haut binnen weniger Sekunden verändern. Dabei erzeugen sie keine einfarbige Fläche - sie ahmen durchaus die Struktur von Sand, gesprenkeltem Kieselboden oder Algenblättern nach.

Zwtl: Moderne Technik, exakte Übereinstimmung

Jetzt nutzte das Team um Wickiser eine neue Spektroskopietechnik namens Hyperspektral-Imaging (HSI), um die Details dieser farblichen Tarnung exakt zu untersuchen. Anders als übliche Messmethoden, die das Bild wie eine Kamera nur in drei schmale Farbbereiche - Rot, Grün und Blau - aufteilen, kann das Hyperspektral-Imaging - wie das menschliche Auge - das gesamte Farbspektrum in bis zu 540 Bereiche unterteilen. Auf diese Weise gelang es nicht nur, die Übereinstimmung von Tarnhaut und Untergrund exakter festzustellen. Die Forscher konnten auch die Sicht der tierischen Tintenfisch-Jäger simulieren, da die meisten sogenannte Trichromaten sind. Mit drei unterschiedlichen Farbsensoren im Auge nehmen die die Welt im ähnlichen Spektralbereich wahr wie die Menschen. Bei anderen kommt, als Tetrachromaten, noch der Blick für UV-Licht hinzu.

Bei der Untersuchung zeigte sich jetzt, dass die Farbsicht den Jägern für die Tintenfisch-Suche nutzlos ist. Deren nahezu perfekte Tarnung verrät sich nicht durch die Farbe des reflektierten Lichts. Nur dessen Helligkeit unterscheidet sich vom Hintergrund - ein deutlich schwächerer Hinweis, der die erfolgreiche Futtersuche deutlich erschwert.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Hyperspectral imaging of cuttlefish camouflage indicates good color match in the eyes of fish predators", Chuan-Chin Chiao, Roger T. Hanlon et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences, Online-Vorabveröffentlichung
doi: 10.1073/pnas.1019090108


 

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