Tropfenbillard ohne Queue
„Auf der Basis dieser fundamentalen Ergebnisse können nun autonome, fluide Systeme konstruiert werden“, sagt Manu Prakash, Gruppenleiter am Stanford-Department of Bioengineering. Für ihre Grundlagenversuche mischten die Wissenschaftler Wasser mal mit mehr, mal mit weniger Propylenglykol. Auf eine Glasfläche verteilten sie diese Tropfen, die je nach Mischungsverhältnis deutliche Unterschiede bei Oberflächenspannung und Dampfdruck zeigten. Mit Lebensmittelfarbe eingefärbt konnten Prakash und Kollegen genau beobachten, wie sich diese Unterschiede auf die Bewegung der Tropfen auswirkte.
Wassertropfen mit identischen Anteilen an Propylenglykol verschmolzen binnen weniger Sekunden zu größeren Tropfen. Ganz anders verhielten sich benachbarte Tropfen mit unterschiedlichen Propylenglykol-Konzentrationen. Ohne sich zu vereinigen, ließ sich eine Art Tropfenbillard beobachten. So trieb ein Tropfen mit 25 Prozent Propylenglykol einen weiteren Wassertropfen mit weniger Propylenglykol über einige Millimeter vor sich her. Verantwortlich dafür machen die Forscher die Unterschiede im Dampfdruck. Es bildete sich zwischen den Tropfen ein Dampfgradient aus, der in Kombination mit der ebenfalls unterschiedlichen Oberflächenspannung zu der Bewegung führte. Wirkten diese Kräfte zwischen mehreren gefärbten Tropfen auf einer Glasfläche, entstanden völlig selbstorganisiert komplexe Tropfenmuster.
Diese Versuche zeigen, dass sich Tropfen ganz ohne externen Antrieb gegenseitig zu einer kalkulierbaren Bewegung bringen lassen – in Abhängigkeit ihrer Zusammensetzung. Diese Eigenschaft könnte für Laborchips genutzt werden, in denen Tropfen etwa Mikroorganismen kontrolliert transportieren könnten. Auch für filigrane Analyse-Systeme, die mit winzigen Flüssigkeitsmengen auskommen, könnte die autonome Tropfenbewegung in Zukunft von Nutzen sein.