Treffen sich zwei Wespen …
"Der interessante Aspekt unserer Arbeit ist weniger, dass die Wespen so ein gutes Gedächtnis haben, sondern viel mehr, dass es ein 'soziales Gedächtnis' ist", sagt Michael Sheehan aus dem Labor von Elizabeth Tibbetts an der University of Michigan in Ann Arbor. Er hatte Experimente mit der Feld- oder Papierwespe Polistes fuscatus durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die Tiere ein erstaunlich gutes Langzeitgedächtnis besitzen. Das ermöglicht ihnen ein Verhalten gegenüber Artgenossen, das durch die Erinnerung an frühere Begegnungen beeinflusst wird.
Sheehan zeichnete das Aggressionsverhalten von 50 Wespen mit einer Videokamera auf. Dazu sperrte er zunächst jeweils zwei Tiere, die sich vorher noch nie gesehen hatten, einen Tag lang in eine Kammer ein. Die Wespen verhielten sich aggressiv; häufig kam es zu Bissattacken auf den fremden Artgenossen. Dann wurden beide getrennt und eine Woche lang in eine Kammer mit zehn anderen Wespen gebracht. Schließlich arrangierte der Forscher eine zweite Begegnung. Dabei attackierten sich die Tiere kaum noch. Die Konfrontation mit einer fremden Wespe löste dagegen wieder aggressives Verhalten aus. Offenbar hatten sich die Tiere noch genau an das zurückliegende Zusammentreffen erinnert. Die Gedächtnisleistung eines winzigen Insektengehirns reicht also aus, um ein solches komplexes Sozialverhalten zu steuern. Erinnerungen an bestimmte Artgenossen könnten im Leben der sozialen Insekten eine wichtige Rolle spielen, sagt Sheehan. So nutzen verschiedene weibliche Wespen oft ein gemeinsames Nest. Das individuelle Wiedererkennen würde dazu beitragen, unnötige Energie durch wiederholtes aggressives Verhalten zu verschwenden.