Traditionsbewusste Zebramangusten

Die kleinen Raubtiere geben ihre bevorzugten Strategien zur Futterbeschaffung an den Nachwuchs weiter, indem sie ihre Methoden vorleben
Penryn (Großbritannien) - Zebramangusten sind traditionsbewusst: Die kleinen Fleischfresser leben ihre Gewohnheiten ihren Jungen vor und diese imitieren das Verhalten später, haben Biologen aus Großbritannien beobachtet. Sie belegen damit, dass das Bewusstsein für Traditionen nicht allein dem Menschen oder Tieren mit auffallend großem Hirn zu Eigen ist. Ihre Untersuchungen bei Zebramangusten in einem Nationalpark in Uganda schildern die Forscher im Fachblatt "Current Biology".

"Meines Wissens ist unsere Studie die erste, die einen starken Beweis dafür liefert, dass Spezialisierungen zur Futterbeschaffung bei wilden Tieren nicht nur langlebig sind, sondern auch über soziales Lernen von den erwachsenen Tieren an die Jungen weitergegeben werden und sich damit als Traditionen qualifizieren", erläutert Corsin A. Müller, der mittlerweile an der Universität Wien arbeitet, die Studie aber noch an der University of Exeter durchführte. "Bemerkenswert ist, dass unsere Arbeit keinen nahen Verwandten des Menschen oder ein Tier mit besonders großem Hirn untersuchte, sondern eine, man könnte sagen, eigentlich 'unspektakuläre' fleischfressende Spezies: Zebramangusten." Gemeinsam mit seinem Kollegen Michael A. Cant von der University of Exeter hatte Müller in einem Nationalpark in Uganda Zebramangusten (Mungos mungo) in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet.

Die kleinen Raubtiere haben ein ausgeprägtes Sozialleben, was sie für die Untersuchung der Biologen ideal machte. So nimmt sich der meisten der Jungtiere, die den Bau verlassen, ein bestimmtes erwachsenes Tier an - für gewöhnlich ein älterer Bruder, Cousin oder Onkel - und wird zur Eskorte. Dieses spezielle Begleit-System erleichterte es den Biologen, Informationen über diejenigen Futterbeschaffungsstrategien zu überwachen, welche ein Jungtier mitbekam. Zebramangusten fressen nicht nur Kleintiere wie Mäuse, Frösche und Echsen, sondern verschmähen auch hartschalige Beute nicht, etwa Käfer oder Eier. Für ihr Verhaltensexperiment stellten die Forscher erwachsene Tiere zunächst vor eine neue Herausforderung in Sachen Futterbeschaffung. Sie präsentierten ihnen eine Art Überraschungs-Ei aus Plastik, das mit Leckerbissen wie Reis und Fisch gefüllt war. Dieses Ei konnten die Mangusten mit ihnen bekannten Methoden knacken - entweder indem sie es mit den Pfoten festhielten und aufbissen, oder indem sie es gegen eine feste Unterlage schleuderten.

Müller und Cant stellten fest, dass die Tiere sich dabei in ihren Präferenzen deutlich unterschieden, auch wenn sie in derselben Gruppe lebten. Manche nutzten beinahe ausschließlich eine der beiden Techniken, andere machten es mal so und mal so. Diese individuellen Vorlieben blieben auch über längere Zeit stabil und erfüllten somit dieses Merkmal einer Tradition. Die Frage war nun noch: Werden diese Vorlieben auch an den Nachwuchs weitergegeben? Eindeutig ja, konnten die Biologen beobachten. Jungtiere, die zum ersten Mal mit dem Überraschungs-Ei-Leckerbissen konfrontiert wurden, neigten im Umgang mit dem Plastik-Ei dazu, die Strategien zu übernehmen, die sie früher bei ihrem Mentor beobachtet hatten. Und auch sie behielten diese Präferenzen bei. "Das legt nahe, dass Traditionen im Tierreich tatsächlich recht weit verbreitet sind", so Müller. "Sie sind keinesfalls auf einige wenige Arten wie große Affen oder Delphine beschränkt."

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Imitation and Traditions in Wild Banded Mongooses", Corsin A. Müller, Michael A. Cant; Current Biology (im Druck, DOI 10.1016/j.cub.2010.04.037)


 

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