Totenbuch-Papyrus erstmals seit 3500 Jahren wieder ausgerollt

Ein fast vollständig erhaltener Totenbuch-Papyrus aus der Zeit von Pharao Tutmosis ist jetzt an der Fachhochschule Köln zum ersten Mal seit 3500 Jahren in einer stundenlangen Prozedur ausgerollt worden
Der Totenbuch-Papyrus noch im gerollten Zustand
Der Totenbuch-Papyrus noch im gerollten Zustand
© Robert Fuchs / Fachhochschule Köln
Köln - Wenn es um Papyrus aus dem alten Ägypten geht, ist schon allein das Ausrollen ein Vorgang, der minutiös geplant werden muss und mehrere Stunden dauern kann. So ist jetzt in der Fachhochschule Köln am Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft ein 3500 Jahre alter Totenbuch-Papyrus zum ersten Mal wieder ausgerollt worden. Zur Überraschung der Forscher wirkten die Farben so frisch, als seien sie erst am Tag zuvor aufgetragen worden. Überdies enthielt der Papyrus Farben, von denen man bisher gar nicht gewusst hatte, dass die alten Ägypter sie schon herzustellen verstanden. Nach dem Ausrollen mussten sich die Wissenschaftler gleich fragen, wie man nun in der Aufbewahrung weiterhin verfahren will. Ein so altes und daher kostbares Fundstück darf nur zehn bis höchstens fünfzehn Mal überhaupt ausgerollt werden, sonst könnte es Schaden nehmen. Möglicherweise wird er künftig zwischen zwei Glasscheiben aufbewahrt, die gegen UV-Licht gesichert sind.

Totenbuch-Papyri sind eine Art persönliches Gebetbuch, die aus einer Sammlung von Sprüchen und Beschwörungen individuell für die jeweilige Person zusammengestellt wurden. "Damals gab es aber auch schon Totenbücher in unterschiedlicher Länge 'von der Stange'", erklärt Robert Fuchs, Leiter des Projekts an der Fachhochschule Köln. "Sie waren nahezu komplett vorbereitet, nur der Platz für den Namen blieb frei. Aber diese Papyrusrolle ist etwas Besonderes, sie ist speziell für den Verstorbenen gemacht worden." Er hieß Imn-m-H3t und war Kammerherr eines Pharaos der frühen 18. Dynastie Ägyptens, d.h. von Tutmosis III. oder Amenophis II. "Also ein Beamter des mittleren Dienstes", erläutert Fuchs, "erstaunlich, dass er sich das leisten konnte". Zu sehen sind auf dem Papyrus vierzehn heilige oder geheime Orte, Sprüche und Beschwörungsformeln, Dämonen, etwa in Form von Schlangen, Krokodilen und Nilpferden, sowie zwei Abbildungen des Verstorbenen.

Das jetzt entrollte Dokument zählt zu den schätzungsweise zehn noch existierenden farbigen Papyri aus der frühen 18. Dynastie Ägyptens, die insgesamt von etwa 1539 bis 1292 vor unserer Zeit bestand und die erste Dynastie des Neuen Reiches war. Es ist die zweite Hälfte eines Totenbuch-Papyrus, dessen erste Hälfte beim unsachgemäßen Abrollen stark beschädigt worden war und große Knicke, Risse und viele Lücken aufweist. Seit anderthalb Jahren wird diese erste Hälfte im Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft behandelt und um Fragmente ergänzt, die in anderen Sammlungen gefunden und faksimiliert wurden. Die Suche nach den Teilpapyri ist eine Detektivarbeit, auf die sich Irmtraut Munro, die frühere Leiterin des Totenbuchprojektes der Universität Bonn, spezialisiert hat.

Das Problematische am aufgerollten Papyrus waren die Lagerungsknicke, die als erstes sorgfältig behandelt und ganz vorsichtig aus dem Papyrus heraus gearbeitet werden mussten. Bei einer Luftfeuchtigkeit von 97 Prozent und einer Temperatur von 28 Grad, nach mehreren Tagen Vorbereitungszeit und fortlaufender Befeuchtung, wurde der Totenbuch-Papyrus innerhalb von fünf Stunden langsam zurückgeformt und ausgerollt. Er enthält neben einigem Bekannnten auch eine weitere Besonderheit: Zum ersten Mal werden hier viele Farbmischungen angewandt, von denen man bislang nicht wusste, dass sie damals bereits bekannt waren: Rosa, Hellblau und ein aus drei Farben gemischtes Grün. Da schon das bloße Ausrollen Papyrus ein Vorgang ist, der sehr viel Sorgfalt erfordert, wurde er von einem Kamerateam aufgezeichnet, so dass auch spätere Museumsbesucher nachempfinden können, ein wie mühevoller Vorgang das Ausrollen einer Papyrusrolle sein kann.

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Quelle: Fachhochschule Köln


 

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