Tauben-Navigation: Unerfahrene Mitflieger denken mit
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass eine Interaktion besteht zwischen dem Zusammenfassen von Informationen und sozialem Lernen“, schreiben Benjamin Pettit von der University of Oxford und seine Kollegen. Die Biologen hatten mit insgesamt 44 Tauben gearbeitet, die mit kleinen GPS-Geräten ausgestattet waren, so dass sich die Flugrouten der Tiere nachvollziehen ließen. Sie ließen einige wiederholt den Weg nach Hause finden. Nach spätestens 18 Flügen hatten die Vögel dabei eine stabile Route etabliert. Dann stellten die Forscher den Tieren einen Artgenossen zur Seite, der die Strecke noch nicht kannte. Als Kontrolle schickten sie weitere Tauben alleine auf die ihnen noch unbekannte Reise. Um eventuelle Ortseffekte auszuschließen, führten sie den gleichen Versuch auch auf einer zweiten Strecke aus. Hier waren nun die Unerfahrenen die Ortskundigen und umgekehrt die Erfahrenen die Neulinge.
Die Forscher beobachteten: Alle Neulinge hatten eine Flugroute erlernt. Wer einen Partner an der Seite gehabt hatte, flog allerdings von Anfang an effizientere Wege. Spätestens nach zwölf Flügen bestand aber in Sachen Effizienz der Flugroute kein merklicher Unterschied mehr zwischen Solo-Flug und begleitetem Flug. Auch die erfahrenen Flieger profitierten von der Flugbegleitung durch einen Neuling. Denn in Gesellschaft eines Artgenossen optimierten sie ihre Routen stärker als im Alleingang.
Insgesamt fand keine akkurate soziale Übermittlung der Routen statt, sondern die Original-Route der erfahreneren Taube verschob sich mit wiederholten Interaktionen. Das führen die Biologen auf den Input des ursprünglich weniger ortskundigen Artgenossen zurück. „In diesem Zusammenhang ist es unwahrscheinlich“, fassen die Biologen zusammen, „dass ineffiziente Routen über wiederholte Phasen sozialer Übermittlung aufrechterhalten werden. Stattdessen werden durch die Interaktion zwischen sozialem Lernen und dem Zusammenfassen von Informationen effizientere Routen erreicht.“