Symmetrisch Gehen ist einfach einfacher

Zeitliche Asymmetrie wie Hinken verbraucht deutlich mehr Energie als das gleichmäßige Setzen eines Fußes vor den anderen
Wer energiesparend vorankommen will, sollte im für ihn bequemen Rhythmus gleichmäßige Schritte machen, die der Länge seiner Beine entsprechen.
Wer energiesparend vorankommen will, sollte im für ihn bequemen Rhythmus gleichmäßige Schritte machen, die der Länge seiner Beine entsprechen.
© D. Saße
Hatfield (Großbritannien)/Boulder (USA) - Wer nicht gleichmäßigen Schrittes geht, verbraucht bis zu 80 Prozent mehr Energie beim Laufen als sonst. Dabei ist die zusätzliche Anstrengung, etwa ein steifes Bein mitzuschleppen, noch gar nicht eingerechnet, berichten US-Biophysiker nach Laufexperimenten mit gesunden Freiwilligen. Allein die zeitlich unregelmäßige Schrittfolge ist mechanisch derart ineffizient, dass der Körper deutlich mehr arbeiten muss, schreiben sie in den „Proceedings of the Royal Society B“. Das Ergebnis ist nicht nur reine Theorie, so die Forscher, sondern bestätigt auch das Ziel klinische Reha-Maßnahmen: Nach Verletzung, Schlaganfall oder Amputation sollen sie ein optimales Gehen wieder ermöglichen. Am wenigsten Energie erfordert demnach der Gang mit regelmäßigem Schritt, der in Schrittlänge und Rhythmus zum Körperbau passt.

„Insgesamt konnten wir die Kosten des asymmetrischen Gangs für Körpermechanik und Stoffwechsel ermitteln und stellen fest, dass Symmetrie für den gesunden menschlichen Gang optimal ist“, schreiben die Forscher um Richard G. Ellis vom britischen Royal Veterinary College und untermauern damit, was bisher nur Vermutung war. Gemeinsam mit Kollegen der University of Colorado hatte Ellis zehn gesunde Freiwillige auf ein spezielles Laufband geschickt. Fünf Frauen und fünf Männer im Studentenalter absolvierten dabei unterschiedliche Durchgänge. Währenddessen wurden ihr körperlicher Energieverbrauch über die Atemluft gemessen und die aufgewandte Kraft mit Hilfe von Messsensoren im Boden berechnet. Zunächst ermittelten die Forscher für jeden den individuell bevorzugten und damit vermutlich energiesparendsten Gang; dafür, so zeigen frühere Studien, passt der Körper normalerweise Schrittlänge und -frequenz automatisch an, vor allem an die Beinlänge und die vorhandene Muskelkraft. Dann folgten die Probanden dem Taktschlag eines Metronoms: fünfmal mit zeitlich gleichmäßigen Schlägen in unterschiedlich schnellem Tempo und viermal mit zeitlich mehr oder weniger stark versetzten Taktschlägen.

Zusammengefasst bekamen die Forscher ihre Hauptvermutungen bestätigt: Das zeitlich asymmetrische Gehen erfordert bis zu 80 Prozent mehr Stoffwechselenergie. Das gilt selbst, wenn dieses Gehen im Prinzip der bevorzugten Schrittlänge und -geschwindigkeit entsprechen – aber eben jeder zweite Schritt verzögert kommt. Zum Vergleich testeten die Forscher zusätzlich den Energieaufwand, wenn jemand im gleichen Tempo symmetrisch ging, aber nicht in seinem bevorzugten Rhythmus: Er lag höher, aber dennoch um bis zu 31 Prozent unter dem des asymmetrischen Gehens. Grund für den höheren Energiebedarf ist, so bestätigte sich, dass das ungleichmäßige Gehen mehr mechanische Kraft benötigt. So erforderte im Versuch etwa eine 23prozentige zeitliche Asymmetrie 35 Prozent mehr gemessenen Kraftaufwand. Bei 42 Prozent Zeitabweichung waren 64 Prozent mehr Kraftaufwand nötig, was die 80 Prozent mehr Stoffwechselenergie erforderte.

Hintergrund
Das Gehen erfolgt beim Säugetier auf zwei Arten, die beide den Energieaufwand beim Fortbewegen am Boden minimieren: Pendelbewegungen und elastische Mechanismen. Bei den elastischen Gangarten wird der Aufwand durch mechanisches Energiespeichern in den Sehnen und Bändern erleichtert. Rennen, Traben, Galoppieren und der langsamere Kanter gehören dazu. Bei den pendelnden Gangarten wie Gehen oder Schreiten minimiert ein Wechselspiel von kinetischer Energie und Gravitation den Muskelaufwand in jenen Phasen, in denen beide Füße gleichzeitig den Boden berühren. Nicht verwechseln darf man übrigens diese Aufteilung in zeitlich symmetrische und asymmetrische Gangarten mit einer anderen, häufig verwendeten Gliederung nach der Symmetrie von rechter und linker Körperseite geht. In diesem Sinne wären die elastischen Gangarten Rennen und Traben symmetrisch, die elastischen Gangarten Galopp oder Kanter aber asymmetrisch.

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