Superisolator aus Aerogel-Keramik

Extrem leichtes Material hält schnellen Temperatursprüngen von mehr als 1000 Grad stand
Diese Probe eines keramischen Aerogels aus Bornitrid wiegt nur ein tausendstel Gramm und hält sowohl extremer Kälte als auch großer Hitze mühelos stand.
Diese Probe eines keramischen Aerogels aus Bornitrid wiegt nur ein tausendstel Gramm und hält sowohl extremer Kälte als auch großer Hitze mühelos stand.
© X. Xu & X. Duan, ULCA
Los Angeles (USA) - Aerogele sind ein Hauch von Nichts. Die extrem porösen Materialien bestehen oft aus mehr als 99 Prozent Luft und einem filigranen Netzwerk aus hauchdünnen Metall- oder Keramikschichten. Gerade keramische Aerogele eignen sich gut als Schutzbarrieren gegen Hitze, zerbrechen jedoch leicht bei starken Temperaturschwankungen. Dieses Problem konnten nun amerikanische Materialforscher mit einem neuen Aerogel aus Bornitrid und Luft lösen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, hielt ihr Aerogel dank einer ausgeklügelten inneren Struktur schnellen Temperaturwechseln zwischen extremer Kälte und großer Hitze mühelos stand.

„Unser Aerogel zeigt sowohl eine herausragende mechanische als auch thermische Stabilität für Superisolatoren unter extremen Bedingungen“, sagt Xiangfeng Duan von der University of California in Los Angeles. Verantwortlich dafür ist der filigrane Aufbau aus atomar dünnen, zweidimensionalen Lagen aus der Keramik Bornitrid. Duan und Kollegen gelang es, diese Bornitrid-Schichten in einem symmetrischen Netzwerk anzuordnen, dass von der Seite betrachtet an ein Spinnennetz erinnerte. Dank dieser so genannten Metastruktur verhielt sich das Aerogel ganz anders als natürliche Werkstoffe: Bei zunehmender Erwärmung dehnte es sich nicht aus, sondern zog sich zusammen. Wurde es mechanisch gestreckt, wurde es in der Mitte nicht dünner, sondern dicker. Physikalisch lassen sich diese Eigenschaften mit einem negativen Wärmeausdehnungskoeffizienten und mit einer negativen Poissonzahl beschreiben.

In ihren Versuchen erhitzten Duan und Kollegen ihr Bornitrid-Aerogel schnell auf bis zu 1500 Grad Celsius. Binnen weniger Sekunden kühlten sie es darauf auf bis zu – 198 Grad ab. Klassische Keramiken würden bei diesen extremen Temperaturschwankungen zerbröseln. Die Struktur des Aerogel blieb jedoch völlig intakt. Zudem war das extrem luftige Material mit einer Presse auf einen Bruchteil seiner Größe zusammendrücken. Ohne Druck dehnte es sich wieder bis zur ursprünglichen Gestalt aus. Bemerkenswert war auch die geringe Dichte des Aerogels. Eine Probe von der Größe eines Spielwürfels brachte gerade mal ein tausendstel Gramm auf die Waage.

Allerdings gestaltete sich die Herstellung dieses Aerogels alles andere als einfach. In einem ersten Schritt bauten die Forscher ein symmetrisches Aerogel-Gerüst aus nur eine Atomlage dünnen Kohlenstoff-Schichten aus Graphen. Auf diesen zweidimensionalen Graphenschichten ließen sie unter einer Schutzatmosphäre aus Argon die kristallinen Bornitrid-Lagen wachsen. Danach wurde das Graphen bei etwa 600 Grad in einem so genannten Pyrolyse-Prozess abgetrennt. Zurück blieb das Bornitrid-Aerogel mit der gewünschten, symmetrischen Metastruktur.

Dank seiner verblüffenden Eigenschaften könnten solche keramische Aerogele für Hitzeschutzkacheln etwa von Raumtransportern taugen, die wie seinerzeit das Space Shuttle wegen der Luftreibung beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre extremen Temperaturen standhalten müssen. Als extrem leichter und hoch poröser Werkstoff könnte es auch in Katalysatoren oder Batterie-Elektroden Anwendung finden. Bis dahin muss allerdings noch ein geeignetes Verfahren für die Massenproduktion entwickelt werden. „Derzeit arbeiten wir an extrem leichten Aerogelen, die sogar noch robuster, flexibler und hitzebeständiger werden könnten“, sagt Duan.

© Wissenschaft aktuell


 

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