Stillen für Mädchen besonders wichtig

Schutzmechanismus ist komplexer als gedacht
Baltimore (USA) - Es steht außer Frage, dass Stillen für Babys beider Geschlechter die beste Ernährung darstellt. Die Muttermilch bringt viele Vorzüge mit sich, die von der Unterstützung der Hirnentwicklung bis zur Förderung der allgemeinen Gesundheit reichen. Doch für Mädchen scheint Stillen noch wichtiger zu sein als für Jungen. Die Muttermilch schützt sie effektiver vor Atemwegsinfektionen, haben amerikanische Mediziner bei Frühgeborenen beobachtet. Gestillte Mädchen müssen im ersten Lebensjahr deutlich seltener aufgrund einer heftigen Infektion ins Krankenhaus als Mädchen, die die Flasche bekommen haben. Bei Jungen macht sich der Unterschied zwischen Brust und Flasche in dieser Hinsicht dagegen nicht bemerkbar. Das Stillen scheint dabei weniger die Häufigkeit der Infektionen zu mindern als vielmehr deren Schwere, berichten die Forscher im Fachblatt "Pediatrics". Vor allem Mütter frühgeborener Mädchen sollten stark zum Stillen ermutigt werden, raten die Wissenschaftler aufgrund ihrer Beobachtung.

"Angesichts dieser Ergebnisse fangen wir an zu vermuten, dass die Milch keinen direkten Schutz vor Lungeninfektionen bietet, sondern stattdessen einen universellen Schutzmechanismus anschaltet", sagt Fernando Polack vom Johns Hopkins Children's Center in Baltimore. "Aus irgendeinem Grund ist er bei Mädchen leichter zu aktivieren als bei Jungen." Die Mediziner hatten 119 frühgeborene Babys aus Buenos Aires über deren erstes Lebensjahr hinweg beobachtet. Stillen schützte Mädchen effektiver als Jungen und nicht gestillte Mädchen hatten das höchste Risiko für ernste Infektionen, fanden sie heraus.

Kurz nach der Geburt mussten Mädchen, die die Flasche bekommen hatten, etwa achtmal häufiger mit einer schweren Infektion ins Krankenhaus als Mädchen, die gestillt worden waren. Bei den gestillten Mädchen waren es lediglich 6 Prozent der untersuchten Kinder, bei den anderen 50 Prozent. Bei Jungen hingegen spielte es keine Rolle, ob sie gestillt worden waren. Bei 18 Prozent - gleich ob gestillt oder ungestillt - war ein Krankenhausaufenthalt aufgrund einer Atemwegsinfektion notwendig. Dieses Muster konnten die Forscher über das gesamte erste Lebensjahr hinweg auch bei folgenden Infektionen beobachten.

Die Erkenntnisse stellen die gängige Theorie in Frage, nach der in der Muttermilch enthaltene, das Immunsystem positiv beeinflussende Stoffe direkt von der Mutter an das Neugeborene weitergegeben werden und einen gewissen Schutz vor Infektionen bieten. Wäre dies genau so der Fall, müssten Mädchen und Jungs gleichermaßen geschützt sein. Die Studie von Polack und seinen Kollegen weist aber nicht nur darauf hin, dass der Schutzeffekt bei Mädchen ausgeprägter ist. Sie zeigt zudem auf, dass das Stillen nicht die Infekte selbst verhindert, sondern den Babys lediglich dabei hilft, sie besser zu bewältigen. Falls Muttermilch tatsächlich einen Schutzmechanismus gegen Viren aktiviert, so die Forscher, gilt es herauszufinden, wie genau dieser Mechanismus eingeschaltet wird und warum dies bei Jungen vergleichsweise schwieriger zu sein scheint.

Johns Hopkins Medical Institutions
Quelle: "Differential Gender Response to Respiratory Infections and to the Protective Effect of Breast Milk in Preterm Infants", Fernando P. Polack et al.; Pediatrics (Juniausgabe)


 

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