Stammzellen sollen bedrohte Tierarten retten

Forscher beginnen mit dem Aufbau eines "Stammzell-Zoos" für seltene Wirbeltiere
Drill (Mandrillus leucophaeus)
Drill (Mandrillus leucophaeus)
© San Diego Zoo
La Jolla (USA) - Die Stammzelltechnik könnte helfen, bedrohte Tierarten vor dem Aussterben zu bewahren. US-amerikanischen Biologen ist es erstmals gelungen, aus Hautzellen des Weißen Nashorns und des Drills, einer seltenen Affenart, Stammzellen anzuzüchten. Diese sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) haben die Eigenschaften von embryonalen Stammzellen und können sich in jeden Zelltyp des Körpers umwandeln. Daraus erzeugte Keimzellen könnten mit Hilfe künstlicher Befruchtung für Nachwuchs sorgen und die genetische Vielfalt extrem kleiner Tierpopulationen erhöhen, schreiben die Forscher im Fachjournal "Nature Methods".

"Das beste Mittel gegen das Aussterben ist, die Tierarten und ihren Lebensraum zu erhalten. Aber wenn wir auch die Arten retten wollen, die bereits völlig aus ihrem natürlichen Lebensraum verschwunden sind, müssen wir neue Methoden entwickeln", sagt Oliver Ryder vom San Diego Zoo Institute for Conservation Research. Grundlage für sein neues Projekt ist eine Sammlung tiefgefrorener Gewebeproben von mehr als 800 Arten bedrohter Wirbeltiere, die er mit seinen Mitarbeitern aufgebaut hat. Zusammen mit dem Team von Jeanne Loring vom Scripps Research Institute in La Jolla haben die Forscher begonnen, aus dieser Gewebesammlung einen "Stammzell-Zoo" aufzubauen, indem sie aufgetaute Proben in iPS-Zellen umwandeln.

Als erstes wählten sie dafür Hautzellen eines Drills und eines Nördlichen Weißen Nashorns. Der Drill (Mandrillus leucophaeus) ist eine mit dem Mandrill verwandte Affenart und zählt zu den am stärksten gefährdeten Säugetieren Afrikas. Vom Nördlichen Weißen Nashorn (Ceratotherium simum cottoni), auch als Nördliches Breitmaulnashorn bezeichnet, existieren nur noch sieben Tiere, die in Zoos leben. Die Wissenschaftler konnten das für menschliche Zellen bereits erfolgreich eingesetzte Verfahren direkt übernehmen: Durch Übertragung der gleichen vier Gene, die auch zur Erzeugung menschlicher iPS-Zellen eingesetzt werden, gelang die Anzucht von vier iPS-Zelllinien des Drills und von drei iPS-Zelllinien des Nashorns.

"Das Wichtigste ist jetzt, diese Stammzellen anderen zur Verfügung zu stellen, die die nächsten Schritte unternehmen wollen", sagt Loring. Die Aufgabe bestünde darin, aus den iPS-Zellen Spermien oder Eizellen zu erzeugen. Als Maßnahme gegen Inzucht könnte man mit den Spermien Weibchen befruchten, so dass sich die genetische Vielfalt des Nachwuchses erhöht. Wenn es gelingt, sowohl Spermien als auch Eizellen anzuzüchten, könnten auch im Reagenzglas befruchtete Eizellen in weibliche Tiere übertragen werden.

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Quelle: "Generation of induced pluripotent stem cells from highly endangered species," Inbar Friedrich Ben-Nun et al.; Nature Methods, doi: 10.1038/nmeth.1706


 

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