Singvögel: Am Highway ist die Stimme anders

Nordamerikanische Rotschulterstärlinge passen ihre Gesänge dem Krach des Verkehrs an
Ottawa (Kanada ) - Angesichts von Verkehrslärm verändern Singvögeln ihre Gesänge. Das belegen Beobachtungen, die kanadische Biologen bei Rotschulterstärlingen in nordamerikanischen Sümpfen gemacht haben. Die Anpassungen an eine Geräuschkulisse können dabei sowohl langfristiger als auch kurzfristiger Natur sein, berichten die Forscher im "Journal of Experimental Biology". Vögel, die in der Nähe eines stark befahrenen Highways leben, machen ihren Gesang stets klangvoller, indem sie ihn verstärkt in tieferen Frequenzbereichen konzentrieren. Dasselbe tun aber auch Vögel, die aus ruhigen Gegenden stammen und für gewöhnlich keine veränderten Gesänge anstimmen, wenn sie einem hörbaren Rauschen ausgesetzt werden. Durch diese Veränderung können die Laute trotz Verkehrslärms besser und weiter getragen werden.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Rotschulterstärlinge ihre akustischen Paarungssignale als Reaktion auf vom Menschen gemachten Lärm modifizieren und dass Tiere in Gebieten mit chronischer, starker Lärmbelastung langfristige Veränderungen ihrer Gesangsstruktur aufweisen", schreiben Dalal Hanna von der University of Ottawa und ihre Kollegen. Die Biologen hatten das Trällern von Rotschulterstärlingen (Agelaius phoeniceus) aufgezeichnet, die entweder in Sumpfgebieten in der Nähe eines stark befahrenen kanadischen Highways oder fernab jeglichen Lärms lebten. Die Gesänge nahe der Straße sammelten sie in den frühen Morgenstunden, als der Verkehr noch nicht übermäßig dicht war. Außerdem spielten sie Vögeln aus unberührter Natur für wenige Minuten ein Rauschen vor und nahmen währenddessen auch deren Gesang auf.

Die Analysen ihrer Aufnahmen zeigten: Die permanente Geräuschkulisse veränderte die Gesänge der Singvögel. Exemplare aus der Nähe des Highways konzentrierten ihre Laute in tieferen Frequenzbereichen - auch wenn sich die Frequenz der tiefsten Töne nicht verschob. Aber auch die Vögel, für die Verkehrslärm etwas völlig Neues war, reagierten schon bei dem kurzfristigen Rauschen und passten ihre Rufe auf dieselbe Art und Weise an die Geräusche an wie es die Artgenossen taten, die mit dem Krach lebten. "Künftige Studien sollten sich darauf konzentrieren, wie die in der aktuellen Untersuchung beobachteten strukturellen Veränderungen die Übertragung und Wahrnehmung der Signale beeinflussen", schreiben die Biologen. So stellten sich etwa die Fragen, ob die veränderten Laute die Übertragung der Signale in einer lauten Umgebung tatsächlich verbessern und ob der Empfänger zwischen den unterschiedlichen Gesängen unterscheiden kann und falls ja ob sich die Veränderungen letztlich auf Überleben und Fortpflanzungserfolg auswirken.

Auch frühere Studien hatten bereits ähnliche Effekte gezeigt. So beobachteten vor einigen Jahren etwa niederländische Biologen bei Kohlmeisen in zehn europäischen Städten, dass Großstadtlärm die Gesänge von Vögeln beeinflussen kann: Die Stadtvögel zwitschern kürzer und schneller als ihre Artgenossen im Wald und wählen dabei - im Gegensatz zu den Rotschulterstärlingen - eine höhere Frequenz, um gegen den Krach anzukommen.

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Quelle: "Anthropogenic noise affects song structure in red-winged blackbirds (Agelaius phoeniceus)", Dalal Hanna et al.; Journal of Experimental Biology, doi:10.1242/jeb.060194


 

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