Sind Manager wirklich zu gierig oder sind wir nur neidisch?

Das Verdienstspektrum und andere Details des deutschen Top-Managements haben jetzt Forscher im Auftrag der Bundesregierung ermittelt
Man gönnt sich ja sonst nichts
Man gönnt sich ja sonst nichts
© aboutpixel.de / Niggl
Pforzheim /Tübingen - Die Gehälter von Managern an den Unternehmensspitzen seien "unverschämt hoch", so urteilen die meisten Menschen in Deutschland. Nur hin und wieder sagt jemand, dass er "mit denen nicht tauschen möchte" und dass "sie ja auch eine 80-Stunden-Woche haben". Auf welcher Grundlage entstehen solche Meinungen? In einem Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gingen Wissenschaftler der Hochschule Pforzheim in Kooperation mit dem Tübinger Institut für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) dieser Frage nach.

Die Erkenntnisse über den Beruf und die Gehälter der deutschen Spitzenmanager, die das Team um Jürgen Volkert und Bernd Noll von der Hochschule Pforzheim zusammengetragen haben, sind ernüchternd: Aus ihren Fakten lässt sich der Schluss ziehen, dass die deutschen Manager an den Unternehmensspitzen einen geschlossenen Herrenclub darstellen, der sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr Gehalt selbst bewilligt hat.

"In den 70er Jahren verdiente ein Topmanager der Deutschen Bank das 30-fache eines durchschnittlichen Mitarbeiters, im Jahr 2000 fast das 300-fache", stellten die Wissenschaftler fest. "Dabei war der rasante Anstieg der Gehälter oft unabhängig vom Erfolg des Unternehmens." Wollte man diesen Anstieg mit "normalen Marktmechanismen" wie Angebot und Nachfrage, Konkurrenz oder freiem Zugang begründen, müsste man zu dem Schluss kommen, dass Manager ein extrem rares Gut seien.

Ihren Seltenheitswert schaffen sich die Manager offenbar selbst. Obwohl Tausende junger Leute Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft studieren und das Studium auch abschließen, gelangen fast nur Männer mit großbürgerlichem Hintergrund in die Chefetagen der Unternehmen. Studierte Herren aus großbürgerlichen Familien haben eine um Faktor 2,5 höhere Chance, in die "Belle Etage" der deutschen Wirtschaft aufzusteigen als studierte Bewerber aus der Arbeiterschicht. In den Chefetagen angekommen, ist man unter sich und erhöht sich mit Verweis auf "international übliche Gehälter" das Salär. Die Forscher konnten jedoch feststellen, dass die gern angeführte Internationalisierung der Führungsspitzen praktisch nicht vorkommt: Im Jahr 2005 waren nur neun Prozent der Vorstandsposten in den 100 wichtigsten deutschen Unternehmen mit ausländischen Managern besetzt. Das ausländische Führungspersonal stammte dabei zum großen Teil aus Österreich oder der Schweiz.

Neben der passenden Herkunft ist auch das richtige Geschlecht wichtig: das männliche. Zwar sind 45 Prozent aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft weiblich, wie die Wissenschaftler feststellten, und um das Jahr 2004 waren auch knapp ein Viertel der Personen in der ersten Führungsebene Frauen. Trotzdem gab es 2006 keine einzige weibliche Vorstandsvorsitzende oder Aufsichtsrätin in den 100 umsatzstärksten deutschen Unternehmen. Die Forscher erklären dies damit, dass den Frauen eben die Netzwerke fehlen, die die Männer über Jahrzehnte und Generationen hinweg gepflegt haben.

Trotz der Erkenntnis, dass Manager in der Regel mehr verdienen, als sie verdienen, sprechen sich die Pforzheimer und Tübinger Wissenschaftler gegen Forderungen wie die Offenlegung von Managergehältern aus. Diese Offenlegung treibe die Gehälter-Spirale nur noch weiter. Dagegen weist die Studie der internen Kontrolle bei der Transparenz und Zügelung der Managergehälter eine zentrale Funktion zu. Das Problem sei dabei allerdings, dass die notwendige Unabhängigkeit solcher Kontrollgremien nicht gegeben sei, da eben alle Kandidaten aus demselben Club kämen wie die zu kontrollierenden Manager.

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Quelle: "Zusammenhänge zwischen Unternehmensverflechtungen und -gewinnen, Rekrutierung von Führungskräften und deren Einkommenssituation", Bernd Noll, Jürgen Volkert, Niina Zuber; Hrsg. Bundesministerium für Arbeit und Soziales


 

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