Simulation: Erdbeben durch unterirdische Klimagas-Speicher

"Es ist wichtig, solche Effekte aufzuklären und die Bruchvorhersagen mit Feldmessungen zu überprüfen", berichten Frédéric Cappa vom Beben-Observatorium Côte d'Azur in Sophia-Antipolis bei Nizza und Jonny Rutqvist von der University of California in Berkeley. Denn solche Erdbeben würden nicht nur direkte Schäden anrichten, sondern könnten auch das gespeicherte Kohlendioxid wieder unkontrolliert freisetzen. Da es für die Speichertechnologie – CCS (Carbon Dioxide Capture and Storage) – bisher wenig Erfahrungswerte gibt, simulierten die Forscher das Einpumpen und dessen Auswirkungen am Computer.
In ihren Modellen gingen die Forscher von einem CO2-Speicher aus, der in 500 bis 2500 Meter Tiefe liegt. In das mit wasserführenden Schichten durchzogene Gestein pumpten sie - rein virtuell - verflüssigtes Kohlendioxid mit einer konstanten Rate von gut 1700 Kilogramm pro Tag. Unter Berücksichtigung der simulierten Temperatur und Druckverhältnisse im Untergrund ereignete sich in ihrem Modell nach 90 Tagen ein erstes Beben. Abhängig von der geologischen Struktur des Tiefengesteins führte die simulierte CO2-Injektion zu Beben mit Magnituden zwischen 1,5 und 4,5.
Auch in Deutschland wird die Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund getestet. So pumpten Wissenschaftler am Pilotstandort Ketzin in Brandenburg etwa 40 Kilometer westlich von Berlin seit Juni 2008 schon mehr als 50.000 Tonnen CO2 bis in 650 Meter Tiefe. "Aber ein durch die CO2-Speicherung in Ketzin ausgelöstes Erdbeben schließen wir aus", sagt Stefan Lüth von Geoforschungszentrum Potsdam. Denn in Ketzin werde nur eine geringe Menge CO2 mit einer niedrigen Rate und entsprechend geringem Druck injiziert.
"Die Arbeit von Cappa und Rutqvist hat bewusst ein 'worst case'-Szenario untersucht, das so in einem realen Speicherbetrieb nicht auftreten sollte", sagt Lüth. Aber der Forscher weist auch darauf hin, dass bei der CO2-Speicherung im großen Maßstab eine mögliche induzierte Bebenaktivität nicht zu vernachlässigen sei. Detaillierte Vorerkundungen mit Bohrungen und seismischen Methoden seien daher nötig, um das Bebenrisiko einzugrenzen. Dieses Risiko kann je nach Struktur des Untergrunds stark variieren. "Es kann aber gesagt werden", so Lüth, "dass sich Strukturen im direkten Umfeld von tektonisch aktiven Plattengrenzen nicht gut eignen."