Sex unter Fliegen

"P1 ist im rückwärtigen hinteren Gehirn lokalisiert und besteht aus zwanzig Neuronen, die Nervenfortsätze haben, welche mit dem beidseitigen Vorderhirn kommunizieren", erläutert Ken-ichi Kimura von der Hokkaido University of Education in Iwamizawa die entscheidenden Strukturen. Bei Weibchen sterben die Nervenzellen im Bereich von P1 während der Entwicklung normalerweise ab. Durch genetische Manipulation gelang es den Forschern jedoch, das Hirn von Drosophila-Weibchen so zu verändern, dass sie doch P1-Neuronen besaßen.
Das Ergebnis: Die Fliegendamen legten eindeutig männliches Paarungsverhalten an den Tag, obwohl andere Teile des Gehirns nicht vermännlicht worden waren. Während der Paarung führen Drosophila-Männchen eine Reihe komplexer, stereotypischer Verhaltenselemente durch. Sie turteln mit einem Weibchen, indem sie mit vibrierenden Flügeln ein Liebeslied erzeugen, das eine aphrodisierende Wirkung auf die Angebetete hat, die ohne diese Ballade wohl eher das Weite vor den Annährungsversuchen des Männchens suchen würde. Im späteren Verlauf der Paarung kommt es dann zur Kopulation.
Für die Vermännlichung des weiblichen Fliegenhirns wandten Kimura und seine Kollegen spezielle Techniken an, mit deren Hilfe sie kleine Zellgruppen im Hirn der Fruchtfliegen identifizieren, manipulieren und untersuchen konnten. Sie konzentrierten sich dabei auf Nervenzellen, die ein bestimmtes Gen namens "fruitless" exprimierten. Von diesem Gen ist bekannt, dass es gemeinsam mit einem anderen Gen namens "doublesex" einen Einfluss auf die Organisation von Hirnregionen für Sexualverhalten hat.