Seltsame Radiopulse aus den Tiefen des Alls

Neu entdeckte Radiowellen sind nur Sekundenbruchteile lang und wiederholen sich nicht, kommen aber aus allen Richtungen
In dieser Fotomontage ist das CSIRO Parkes-Radioteleskop neben einem Bild der Gasverteilung in der Milchstraße zu sehen. Der helle Fleck links oben deutet eine kurzen Radiopuls an.
In dieser Fotomontage ist das CSIRO Parkes-Radioteleskop neben einem Bild der Gasverteilung in der Milchstraße zu sehen. Der helle Fleck links oben deutet eine kurzen Radiopuls an.
© Swinburne Astronomy Productions
Parkes (Australien)/Manchester (UK) - Neue Beobachtungsmethoden haben häufig zu neuen Entdeckungen geführt. Bei der Suche nach extrem kurzen Radiopulsen konnte ein internationales Team von Astronomen nun einen überraschenden Fund vermelden. Insgesamt vier mysteriöse Radiopulse konnte es nachweisen, die nur Sekundenbruchteile andauerten und anscheinend aus den Tiefen des Alls stammten, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“. Die Pulse kommen aus verschiedenen Richtungen. Da sie mit ihrem Teleskop immer nur einen kleinen Himmelsausschnitt sehen konnten, rechnen die Wissenschaftler hoch, dass am gesamten Himmel jeden Tag rund 10.000 solcher Radiopulse erscheinen müssten. Sie sind jedoch so kurz, dass sie bislang nie aufgefallen sind. Außerdem treten sie nur einzeln auf und zeigen keinerlei Muster.

„Vor sechs Jahren wurde schon einmal ein einzelner Radiopuls mit unbekanntem Ursprung von außerhalb unserer Galaxie entdeckt“, erklärt Studienleiter Dan Thornton, der an der Universität Manchester promoviert. „Aber niemand war sicher, was dieses Signal war und ob es wirklich echt war.“ Deshalb suchte die Forschungsgruppe die vergangenen vier Jahre nach weiteren ultrakurzen Radiopulsen. Für ihre Messungen nutzten die Forscher das 64-Meter-Parkes-Teleskop im australischen New South Wales. Die nun gefundenen Pulse sind allesamt nur wenige Tausendstel Sekunden lang. Ihr Ursprung ist weiterhin unklar. Messungen mit anderen Teleskopen konnten keine Begleitstrahlung im Röntgen- oder Gammabereich feststellen. Allerdings ist die heutige Teleskoptechnik noch nicht besonders auf ultrakurze Signale spezialisiert. Erst in den kommenden Jahren erwarten Astronomen hier deutliche Fortschritte.

Da die Pulse so kurz sind, benötigen die Forscher heute das Glück, genau im richtigen Augenblick in die richtige Richtung zu schauen. „Aber wenn wir den Himmel mit Radioaugen sehen könnten, würden wir den ganzen Tag lang Blitze über den ganzen Himmel verteilt sehen“, sagt Michael Kramer, Direktor am Max-Planck für Radioastronomie in Bonn. Nichtsdestotrotz können die Forscher bereits einige Aussagen über die möglichen Quellen der Radiopulse machen. Die gemessene Pulsform weist darauf hin, dass sie aus großer Entfernung weit jenseits der Milchstraße, unserer Heimatgalaxie, stammen. Irdische Ursachen wie etwa Höhenwolken scheinen ausgeschlossen. Wenn die Pulse aber aus Entfernung von mehreren Milliarden Lichtjahren stammen, muss der auslösende Prozess enorm stark gewesen sein, sonst wären sie auch mit modernen Teleskopen nicht nachweisbar.

Die Astronomen vermuten deshalb, dass – wie bei anderen extrem energiereichen Phänomenen – Supernova-Explosionen, Schwarze Löcher oder Kollisionen von Neutronensternen eine Rolle spielen könnten. Mitautor Matthew Bailes von der Technischen Universität Swinburne hält Magnetare – eine Unterart von Neutronensternen mit extrem starken Magnetfeldern – für eine mögliche Erklärung: „Magnetare können in Tausendstel Sekunden mehr Energie abgeben als unsere Sonne in 300.000 Jahren.“

Die Klärung dieser Frage kann allerdings eine Weile beanspruchen. „Bei anderen unerwarteten Entdeckungen wie etwa den Gammastrahlen-Ausbrüchen dauerte es zwanzig Jahre, bis ihre große Distanz besser bekannt war“, kommentiert James Cordes von der Universität Cornell die Lage. Deren Ursprung ist immer noch nicht restlos geklärt.

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