Seepferdchen: Kopfform erleichtert die Jagd

Der Schädel verursacht bei langsamer Bewegung nur minimale Wasserbewegungen und ermöglicht so eine unbemerkte Annäherung an die Beute
Die typische Kopfform des Seepferdchens (hier: Hippocampus erectus) erleichtert den Beutefang.
Die typische Kopfform des Seepferdchens (hier: Hippocampus erectus) erleichtert den Beutefang.
© Brad Gemmell
Port Aransas (USA) - Die für einen Fisch höchst ungewöhnliche Kopfform der Seepferdchen trägt entscheidend zum Jagderfolg der Tiere bei: Sie können mit dem langgestreckten Maul ihrer Beute sehr nahe kommen, ohne sich durch Wasserbewegungen zu verraten. Das entdeckten amerikanische Biologen, indem sie die Jagd auf Kleinkrebse mit speziellen Aufnahmetechniken filmten. Seepferdchen können sich nur sehr langsam fortbewegen. Daher müssen sie - zunächst mit ihrem ganzen Körper und schließlich mit ihrer Schnauze - unbemerkt ganz dicht an ihre Beute herankommen. Nur dann gelingt es ihnen, einen Kleinkrebs durch schnelles Öffnen des Mundes einzusaugen. Fische mit normaler Kopfform würden schon viel früher durch Wasserbewegungen erkannt, berichten die Forscher im Fachjournal „Nature Communications”.

„Die Notwendigkeit, sich der Beute unbemerkt zu nähern, könnte im Lauf der Evolution zur Selektion dieser speziellen Kopfform geführt haben”, erklären Brad Gemmell von der University of Texas at Austin und seine Kollegen. Sie beobachteten Zwergseepferdchen (Hippocampus zosterae) bei der Jagd auf ihre bevorzugte Beute, eine Art von Ruderfußkrebsen (Acartia tonsa). Dazu setzten sie Hochgeschwindigkeitskameras ein, die holographische Bilder erzeugten. Gleichzeitig lieferte die Technik der sogenannten Particle Image Velocimetry (PIV) Informationen über minimale Wasserströmungen. Das Verfahren beruht darauf, die Geschwindigkeit der Bewegung winziger Partikel im Wasser zu messen, die durch pulsierende Laserstrahlen beleuchtet werden.

Die Kleinkrebse reagieren sehr empfindlich auf geringste Veränderungen der Wasserströmung und können so bei Annäherung eines Fressfeindes blitzschnell flüchten. Trotzdem gelang es den Seepferdchen in 84 Prozent der Fälle sich so weit zu nähern, dass das Vorderende ihrer Schnauze nur noch einen Millimeter von der Beute entfernt war. War dieses Ziel erreicht, wurde der Krebs mit einer Wahrscheinlichkeit von 94 Prozent gefressen. Das geschieht durch sogenanntes Saugschnappen: Der Kopf schnellt nach oben, der Mund öffnet sich und durch den dabei erzeugten Unterdruck wird die Beute eingesaugt. Dieser Vorgang dauert weniger als eine Millisekunde. Die optimale Geschwindigkeit einer unbemerkten Annäherung eines Seepferdchens lag bei 8,4 Millimeter pro Sekunde. Bei schnellerer Bewegung konnten die Krebse meist entkommen, wobei sie eine Geschwindigkeit von etwa hundert Millimeter pro Sekunde erreichten.

Die Messungen mittels PIV zeigten nun, dass bei der Bewegung eines Seepferdchens die Wasserströmung in einem Bereich oberhalb der Schnauze viel geringer ist als in der Umgebung. Das ermöglicht es den Tieren, den Mund unbemerkt bis auf die kritische Entfernung von einem Millimeter an die Beute heranzubringen. Form und Position des Kopfes sorgen also dafür, dass die Störung der Wasserbewegung auf ein Minimum beschränkt bleibt. Das bestätigten vergleichende Untersuchungen an Stichlingen: Die normale Form des Fischkopfes verursachte beim Schwimmen deutlich stärkere Wasserbewegungen, die von den Krebsen schon aus größerer Entfernung registriert würden.

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