Seekühe hören, von wo ein Boot kommt
"Die Ergebnisse legen nahe, dass Manatis die Fähigkeit besitzen, beides zu lokalisieren, Manati-Laute und den Motorenlärm von Freizeitbooten", schreiben Debborah Colbert von der Association of Zoos and Aquariums und ihre Kollegen. Die Forscher hatten das Verhalten zweier junger Seekuh-Männchen im Mote Marine Laboratory and Aquarium in Florida beobachtet. Hugh und Buffett waren zuvor darauf trainiert worden, in Experimenten zu Sinneswahrnehmungen mitzuarbeiten. Dieses Mal spielten die Forscher den beiden an einer Versuchsstation im Gehege unterschiedliche Geräusche aus einem von vier Unterwasserlautsprechern aus vier unterschiedlichen Richtungen vor. Dabei sollten sie zu dem Lautsprecher schwimmen, aus dem sie die Laute hörten. Die Laute waren unterschiedlich lang und bestanden aus verschiedenen Tonhöhen und unterschiedlichen Tonzusammensetzungen, die unterschiedlich weite Spektren an Frequenzen abdeckten.
Besonders Buffett, aber auch Hugh erkannte die Richtung, aus der er etwas hörte, mit hoher Trefferrate. Das galt sowohl für Töne einzelner Frequenzen, vor allem aber für die aus einer Reihe von Frequenzen zusammengesetzten Geräusche. Wie genau die Meeressäuger das bewerkstelligen, können die Forscher nur vermuten. Viele landlebende Tiere schätzen die Richtung eines Geräusches ein, indem sie die Tatsache ausnutzen, dass der Laut ein Ohr ein wenig früher erreicht als das andere. Das Gehirn berechnet aus der Zeitdifferenz die Richtung. Unter Wasser ist dies aber ungleich schwerer, da sich Schall dort weitaus schneller ausbreitet als in der Luft. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass das Geräusch an einem Ohr lauter ankommt als am anderen, was vor allem bei Lauten höherer Tonlagen eine Rolle spielt. Da Manatis Schallquellen hoher sowie niedriger Tonhöhen gleich gut lokalisieren können, nutzen sie womöglich eine Kombination dieser beiden und weiterer Hinweise, um das Richtungshören zu erreichen.