Schädel von Henri Quatre eindeutig identifiziert

Der Kopf des französischen Königs Heinrich IV., dessen Grab - wie die Ruhestätten anderer Herrscher Frankreichs - während der Französischen Revolution zerstört wurde, ist nun von einem interdisziplinären Forscherteam eindeutig identifiziert worden
Ermordung von Henri Quatre am 14. Mai 1610 durch François Ravaillac
Ermordung von Henri Quatre am 14. Mai 1610 durch François Ravaillac
© Wikipedia / Public Domain
Paris (Frankreich) - Die Skelette vieler Königinnen und Könige, die in der Königlichen Basilika von Saint Denis in Paris in Massengräbern liegen, harren noch einer eindeutigen Identifizierung. Während der Französischen Revolution waren ihre eigentlichen Gräber zerstört worden. Jetzt identifizierte ein interdisziplinäres Forscherteam den Schädel von einem der bekanntesten französischen Könige: von Heinrich IV., auf Französisch Henri Quatre, dem hugenottenfreundlichen Herrscher, der 1610 von einem katholischen Fanatiker ermordet wurde. Mit den gleichen Methoden könnten auch die Skelette der anderen Herrscher identifiziert werden, schreiben die Wissenschaftler im "British Medical Journal".

Forscher aus den Bereichen Anthropologie, Pathologie, Forensische Medizin und Genetik arbeiteten unter Leitung von Philippe Charlier vom Hôpital Raymond Poincaré in Garches bei Paris zusammen, um dem Rätsel um den Schädel von Henri Quatre auf die Spur zu kommen.

Heinrich IV. gehört zu jenen französischen Königen, derer man sich auch in Deutschland erinnert. Heinrich Mann hat ihn in einem zweibändigen Roman verewigt: "Die Jugend des Königs Henri Quatre" und "Die Vollendung des Königs Henri Quatre" (entstanden 1935-38). Heinrich IV. ist der protestantische König Frankreichs schlechthin, in den Religionskriegen und nach vielen Wirren 1594 im Alter von 41 Jahren an die Macht gekommen. Für dieses Ziel musste er, zumindest formal, den Glauben wechseln und katholisch werden, was er angeblich mit dem Ausspruch "Paris ist eine Messe wert" ("Paris vaut bien une messe") kommentierte.

Als König musste Henri IV. das von Religionskriegen gebeutelte Frankreich befrieden. Um die enttäuschten Protestanten für sich zu gewinnen, erließ er das "ewige und unwiderrufliche" Edikt von Nantes, das dann doch nur 96 Jahre Bestand haben sollte. 800 bis 900 protestantische Kirchen in Frankreich konnten erst einmal aufatmen: Protestanten durften zu allen öffentlichen Ämtern und Würden zugelassen werden. Der Besuch der Schulen und Universitäten durfte Protestanten nicht versagt werden. Sie durften sogar eigene Bildungsanstalten gründen. Auch für die meisten Katholiken trat Frieden ein. Nur einige Große in Frankreich wollten sich mit der neuen Lage nicht abfinden. Heinrich IV. gelang es jedoch, die königliche Zentralgewalt zu stärken und den alten Adel auf Abstand zu halten. Heinrich stellte die königliche Kasse wieder her, zu ihrer Verwaltung zog er zwei namhafte Hugenotten heran, Maximilian de Béthune (den späteren Herzog von Sully) und Barthélemy de Laffemas. Mit Hilfe des an die Spitze des Finanzhaushaltes gestellten Maximilien de Béthune erlebte Frankreich einen bemerkenswerten wirtschaftlichen und finanziellen Aufschwung. Die Infrastruktur und die Landwirtschaft wurden modernisiert, der Staatshaushalt nach der Tilgung einer 200-Millionen-Livres-Staatsschuld ausgeglichen und die Verwaltung reorganisiert, indem überflüssige königliche Ämter aufgehoben wurden. Maximilien de Béthune ließ Kanäle und Häfen anlegen und hob die Zölle für Getreide auf.

Doch vor allem die politisch-katholische Seite, zu der natürlich auch Herrscherhäuser wie das habsburgische Spanien gehörten, nahm ihm seine hugenottenfreundliche Politik übel. Mit 18 Attentatsversuchen ist die Zahl der Anschläge auf Henri IV. so außerordentlich hoch, dass sich die Frage stellt, ob dies tatsächlich immer wirre Einzeltäter waren oder ob hierzu vielleicht in der großen Politik die Strippen gezogen wurden. Zum Ziel kam schließlich der katholische Fanatiker François Ravaillac, der den König am 14. Mai 1610 auf offener Straße mit drei Messerstichen in die Brust tötete.

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Quelle: Philippe Charlier et al., BMJ, Vol 341, Issue 7786, 2010, im Druck


 

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