Rückenmarksverletzung: Wie neue Nervenfasern ihr Ziel finden können

Ein Wachstumsfaktor weist regenerierten Nervenfortsätzen die Richtung zum Zielort im Gehirn
Neue Axone (rot) erreichen ihre Zielzellen (blau) im Gehirn
Neue Axone (rot) erreichen ihre Zielzellen (blau) im Gehirn
© Tuszynski lab, UC San Diego School of Medicine
La Jolla (USA) - Durchtrennte Rückenmarksnerven lassen sich zwar wieder zu neuem Wachstum anregen. Aber für eine erfolgreiche Therapie ist es darüber hinaus wichtig, dass die neuen Fortsätze auch die richtige Verbindung zum Gehirn herstellen. Das erzielten amerikanische Forscher jetzt im Tierversuch, indem sie einen Nervenwachstumsfaktor einsetzten, der die wachsenden Nerven vom richtigen Zielort aus anlockte. Die so wiederhergestellte Nervenverbindung war allerdings noch nicht fähig, Signale zu übertragen. Dazu müsste auch die isolierende Myelinhülle um die Nervenfortsätze wiederhergestellt werden, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Neuroscience".

"Die Fähigkeit, regenerierende Nervenfortsätze nach einer Rückenmarksverletzung zum richtigen Ziel zu führen, war immer ein wichtiger kritischer Punkt, wenn es darum ging, Regenerationstherapien auf den Menschen zu übertragen", sagt Mark Tuszynski von der University of California - San Diego. Er und seine Kollegen untersuchten bei Ratten, wie sich durchtrennte Nervenfortsätze des Rückenmarks, so genannte Axone, regenerieren und dann neue Kontakte zum Gehirn herstellen. Durch Stimulation der Nervenzellen und Injektion von Knochenmarkszellen in die Verletzungsstelle war es den Forschern zuvor bereits gelungen, das Wachstum neuer Axone zu bewirken. Damit über Synapsen auch neue Kontakte an den richtigen Stellen des Hirnstamms entstehen, setzten die Forscher nun den Wachstumsfaktor Neurotrophin-3 als "Lockstoff" ein.

Mithilfe von Viren übertrugen sie das Neurotrophin-Gen in Hirnzellen der Zielregion, die dann den Wachstumsfaktor produzierten und freisetzten. Nach einem Monat konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass die neu gebildeten Fortsätze dem chemischen Locksignal gefolgt waren und Synapsen gebildet hatten, die eine Verbindung mit den richtigen Hirnzellen herstellten. Die neuen Synapsen blieben jedoch inaktiv, übertrugen also keine Signale. Als Grund dafür vermuten die Forscher, dass den neuen Axonen die isolierende Myelinhülle fehlt. Daher wollen sie jetzt herausfinden, durch welche Maßnahme sich diese Hüllschicht erzeugen lässt. "Unsere Arbeit", so die Autoren, "macht die Komplexität des Regenerationsprozesses deutlich und präsentiert ein Modellsystem, mit dem diese Komplexität weiter erforscht werden kann".

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Quelle: "Chemotropic guidance facilitates axonal regeneration and synapse formation after spinal cord injury", Laura Taylor Alto et al., Nature Neuroscience, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nn.2365


 

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