Rotieren bis zum Zerreißen

„Dieses Experiment eröffnet neue Möglichkeiten bei der Erforschung des Materialverhaltens unter extremer zentrifugaler Belastung“, sagt Marcel Schuck von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. So sei die erreichbare Drehzahl ein wichtiger Treiber für die Miniaturisierung von elektrischen Maschinen, deren Leistungsdichte sich mit der Rotationsgeschwindigkeit steigern ließe. Mögliche Anwendungen liegen beispielsweise in der Entwicklung von noch schneller drehenden Mikroturbinen. Die Versuche lieferten neue Erkenntnisse über die Grenzen der Stabilität von Materialien, die von den wirkenden Zentrifugalkräften sogar zerstört werden können.
Um den Rekordwert von 667.000 Umdrehungen pro Sekunde zu erreichen, enwickelten Schuck und seine Kollegen ein möglichst reibungsfreies Rotorsystem. Dazu ließen sie eine kleine Stahlkugel mit einem halben Millimeter Durchmesser in einem magnetischen Feld schweben. Diesen Aufbau setzten sie in eine Vakuumkammer, um ein Abbremsen und eine störende Aufheizung durch Luftreibung zu vermeiden. Auch der Antrieb der Stahlkugel erfolgte kontaktlos über ein weiteres, rotierendes Magnetfeld, das von vier rund um die Stahlkugel angeordneten Elektromagneten aufgebaut wurde. „Mit dem Versuchsaufbau können die derzeit in Anwendungen verwendeten Drehzahlen um das 100-fache gesteigert werden“, sagt Schuck.
Für die Messung der enorm schnellen Drehbewegung markierten die Forscher die polierte Stahlkugel mit einem kleinen schwarzen Fleck. Auf die Kugel lenkten sie einen fokussierten Lichtstrahl. Die Intensität des reflektierten Lichts konnte mit einer optischen Faser gemessen werden und fluktuierte abhängig von der Umdrehungszahl. Bei 40 Millionen Umdrehungen pro Minute erreichte die Außenseite der Stahlkugel eine Geschwindigkeit von 1047 Metern pro Sekunde. Dabei wirkte eine enorme Zentrifugalbeschleunigung, die die Erdbeschleunigung um das 440 millionenfache überstieg und schließlich die Stahlkugel in viele Bruchstücke zerbersten ließ.