Rota- und Noroviren reisen nicht allein

In membranumhüllten Vesikeln mit jeweils mehreren Viren sind diese Erreger von Darminfektionen viel infektiöser als in Form einzelner Viruspartikel
Rotaviren und Noroviren sind die häufigsten Erreger von Magen-Darm-Infektionen bei Kleinkindern.
Rotaviren und Noroviren sind die häufigsten Erreger von Magen-Darm-Infektionen bei Kleinkindern.
© NIH
Bethesda (USA) - Ausbrüche von Durchfallerkrankungen in Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie auf Kreuzfahrtschiffen beruhen oft auf Infektionen durch Rota- oder Noroviren. Warum diese Erreger so überaus infektiös sind, haben amerikanische Mediziner jetzt herausgefunden. Die Viren werden nicht nur als einzelne Viruspartikel von Mensch zu Mensch übertragen, sondern auch gruppenweise, in von einer Hüllmembran gebildeten Vesikeln. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Infektion, das Ausmaß der Vermehrung und der Schweregrad der Erkrankung, schreiben die Forscher im Fachblatt „Cell Host & Microbe“. Es könne daher sinnvoll sein, neue Therapien zu entwickeln, die speziell gegen solche Virusvesikel gerichtet sind.

„Unsere Ergebnisse zeigen eine Form der Virenausbreitung, die bisher bei Menschen und Tieren noch nicht beobachtet worden ist“, sagt Nihal Altan-Bonnet vom National Heart, Lung, and Blood Institute in Bethesda, die Leiterin des Forscherteams. Die virentransportierenden Vesikel seien „hochvirulente Einheiten des fäkal-oralen Übertragungswegs“ und deshalb als Angriffspunkt neuer antiviraler Therapien geeignet. Mit Rota- oder Noroviren infizierte Menschen scheiden die Erreger mit dem Kot aus. Gelangen die Viren über verunreinigte Nahrung oder Getränke in den Darm eines anderen Menschen, vermehren sie sich in Zellen des Dünndarms und verursachen Erbrechen, Diarrhö und Fieber. Für Kleinkinder und älter Menschen kann eine unbehandelte Infektion lebensbedrohlich sein. Gegen Rotaviren gibt es inzwischen eine Impfung.

Bisher ging man davon aus, dass die Viren nach der Vermehrung als einzelne Partikel aus infizierten Zellen freigesetzt werden und dann neue Zellen sowie einen neuen Wirt infizieren können. In Kotproben von erkrankten Mäusen, Schweinen und Menschen fanden die Forscher aber auch zusammengelagerte, von einer Membran umgebene Gruppen solcher Viren. In dieser Form waren sie viel infektiöser als die entsprechende Zahl einzelner Viren. Der gleichzeitige Befall einer Zelle durch mehrere Viren ist offenbar effektiver als separate Einzelinfektionen. Das zeigten sowohl die schnellere Vermehrung als auch der schwerere Krankheitsverlauf bei Versuchstieren.

Die Forscher vergleichen ein mit Viren beladenes Vesikel mit einem Trojanischen Pferd: Die Hülle schützt zum einen vor einer Zerstörung durch Enzyme im Darm. Zum anderen könnte sie als Tarnmantel dafür sorgen, dass die Viren von der Immunabwehr nicht bemerkt werden. Möglicherweise, so die Autoren, nutzen auch andere Viren – vielleicht sogar die Erreger von Erkältungskrankheiten – dieselbe Strategie bei der Infektion. Wirkstoffe, die die Bildung der virenhaltigen Vesikel verhindern oder die Hülle zerstören, könnten für die Behandlung von Virusinfektionen hilfreich sein.

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