Rochen sollen U-Boote inspirieren

Wirbel am Flossensaum lassen die Fische effizient gleiten - Dynamik dient als Vorbild für agile, Treibstoff sparende Unterwasserfahrzeuge
Die blauen Blasen stehen für einzelne Wirbel – am Körper der Rochen sorgen sie für vorteilhafte Druckfelder, die das Tier vorwärtsschieben.
Die blauen Blasen stehen für einzelne Wirbel – am Körper der Rochen sorgen sie für vorteilhafte Druckfelder, die das Tier vorwärtsschieben.
© Richard Bottom
Buffalo (USA) - Scheinbar mühelos gleiten Stachelrochen durchs Meer, indem sie den Saum ihres flachen Körpers wellenförmig im Wasser wedeln lassen. Die Effizienz dieser Bewegung fasziniert Forscher auf der Suche nach Energie sparenden Unterwasser-Antrieben. Jetzt hat ein US-Team das Schwimmen der platten Knorpelfische analysiert und im Computer modelliert. Dabei zeigte sich: Verwirbelungen an Front und Seiten des tellerförmigen Körpers haben einen großen Anteil am Vortrieb. Frühere Studien zur Schwimmbewegung hatten sich bislang vor allem auf das hintere Ende von Fischen konzentriert. Ihre Ergebnisse präsentieren die Forscher am Sonntag auf dem 66. Jahrestreffen der American Physical Society Division of Fluid Dynamics. Obwohl sie bislang nur die grundlegende Form und Funktion dieses flatternden Antriebsmechanismus untersuchten, können sie sich einen Einsatz etwa in unbemannten U-Booten gut vorstellen.

„Die meisten Fische bewegen zum Schwimmen die Schwanzflosse. Stachelrochen schwimmen viel ungewöhnlicher, wie eine Flagge im Wind“, beschreibt es Richard Bottom, Student an der Buffalo State University. Die Unterschiede in Körperform und Schwimmtechnik aber verändern die Strömungsmechanik der Bewegung drastisch, ergänzt Mitautor Iman Borazjani, Professor für Maschinenbau und Luftfahrttechnik. Die beiden vermaßen zunächst die Körperform des Gemeinen Süßwasserrochens (Potamotrygon orbignyi) mittels einer experimentellen Laser-Scanmethode. Das kombinierten sie mit 3D-Bewegungsdaten freischwimmender Tiere, deren Körperoberfläche und -rand. Stachelrochen und Echte Rochen können statt einzelner Flossen ihren rund um den Körper laufenden Flossensaum wellenförmig steuern.

Die Analyse der Wasserbewegungen rund um die schwimmenden Tiere mithilfe numerischer Strömungsmechanik zeigte, dass sich vorne und seitlich sogenannte Vorderkantenwirbel bilden. Diese verstärken sich und sorgen zusammengenommen für Druckunterschiede: Vor dem Rochen sinkt der Druck, hinter ihm steigt er stark an, was ihn förmlich vorwärts schiebt. Auch Insekten etwa kommen mithilfe von Vorderkantenwirbeln effizient durch die Luft – unter Wasser war dies bislang aber noch nicht untersucht, so Borazjani. Anfang des Jahres hatte Borazjani zudem nachgewiesen, dass auch an der Schwanzflosse langsam schwimmender Fische Vorderkantenwirbel entstehen und beim Wegströmen nach hinten die Schubkraft erhöht.

Aus den am Rochen gesammelten Daten entwickelten die Forscher gemeinsam mit Kollegen der Harvard University ein genaues Modell der Bewegungsdynamik. Dann simulierten sie das Schwimmen samt Kielwasser dreidimensional im Computer, auch unter unterschiedlichen Bedingungen. Tatsächlich hielten ihre Rechenergebnisse dem Abgleich mit den experimentellen Daten stand, berichten die Forscher. Auf dieser Basis lassen sich nun neue Designs für U-Boote entwickeln: vor allem für kleine unbemannte Fahrzeuge, die etwa autonom in der Tiefsee unterwegs sind und mit niedrigerem Energieverbrauch eine höhere Reichweite bekommen.

Dass das Schwimmen der Rochen der optimalen Bewegung durch Wasser sehr nahe kommt, konnte bereits in anderen Studien nachgewiesen werden. Allerdings hatte man das vor allem auf die flache und runde Körperform dieser Fische zurückgeführt. Als nächstes will sich das Team in Buffalo die Unterschiede bei verschiedenen Rochenarten anschauen, so Borazjani: „Wir machen die Natur nicht einfach nach. Wir wollen die Physik dahinter verstehen, um sie künftig als Ingenieure oder Designer zu nutzen.“

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