Raupe spinnt farbige Seide
"Wir glauben, dass diese Entwicklung bereits in einigen Jahren in der Textilindustrie genutzt werden könnte", sagt Ming-Yong Han vom A-Star Institut für Materialforschung in Singapur gegenüber Wissenschaft aktuell. Denn die Forscher brauchten dem Futter für die Raupen nur geringe Mengen von Farbstoffen zuzusetzen, um sie zum Spinnen der bunten Fasern anzuregen. Einem Pulver aus Maulbeerblättern mischten sie nur 0,05 Prozent des Farbstoffs Rhodamin B bei, um eine intensive und waschechte Rosa-Färbung der Fasern zu erhalten. Der Einsatz von teuren Chemikalien und viel Wasser wie bei sonst üblichen Färbeprozessen wird dadurch überflüssig.
Andere Färbungen in leichten Gelb- und Blautönen erhielten die Forscher mit den Farbstoffen Rhodamin 110 und Rhodamin 101. Besonders deutlich waren die Färbungen unter ultraviolettem Licht sichtbar. Dabei lumineszierten die Fasern im satten Orange oder Grün. Das Wachstum der Seidenspinner-Larven wurde durch diese Zusätze offenbar nicht beeinträchtigt. Zwar gab es schon früher Versuche, die Farbe von Naturseide mit Futterzusätzen zu beeinflussen. Doch erstmals nahm vor allem der wirtschaftlich nutzbare Anteil der gesponnenen Fäden, die innere Fibroin-Faser, die Farbe an. Der äußere Seidenleim, Sericin, der durch Kochen der Rohfaser entfernt wird, enthielt dagegen nur geringe Farbstoffmengen.
"Die von innen gefärbte und lumineszierende Seide verspricht aber nicht nur wirtschaftliche Möglichkeiten für Seidenprodukte mit einer umweltverträglicheren Methode", erklärt Han. Er rechnet auch mit besseren Materialien für biomedizinische Anwendungen und das Züchten von künstlichem Gewebe. So könnten mit anderen Futterzusätzen beispielsweise Fasern geerntet werden, die antibakteriell und in Wundverbänden gegen Entzündungen wirken.