RNA-Interferenz: Was Krebsgene in Schach hält

Versagt die natürliche Genkontrolle durch kleine RNA-Moleküle, verschlechtert sich die Prognose für Krebspatienten
Molekülmodell des Enzyms Dicer
Molekülmodell des Enzyms Dicer
© National Center for Biotechnology Information (NCBI)
Houston (USA) - Die RNA-Interferenz ist ein wichtiger natürlicher Mechanismus, mit dem die Zellen die Aktivität bestimmter Gene drosseln können. Wenn diese Form der Genregulation nicht mehr funktioniert, kann sich das Krebsrisiko erhöhen. Das bestätigen jetzt die Ergebnisse amerikanischer Mediziner an Gewebeproben von Patientinnen mit Eierstockkrebs. Eine zu geringe Aktivität zweier Enzyme, die für die RNA-Interferenz unabdingbar sind, war verbunden mit einer deutlich verringerten Überlebenszeit. In diesen Fällen verursacht wahrscheinlich die ungebremste Aktivität einiger Gene ein besonders aggressives Krebswachstum. Noch ist nicht bekannt, welche Gene davon betroffen sind und ob eine Therapie mit synthetisch hergestellten RNA-Molekülen möglich wäre, schreiben die Forscher im "New England Journal of Medicine".

"Die Enzyme Dicer und Drosha sind zwei wesentliche Bestandteile für zwei Formen der RNA-Interferenz, durch welche Zellen Gene abschalten können", sagt Anil Sood vom Krebszentrum der University of Texas in Houston. Beide RNA-spaltenden Enzyme produzieren kleine RNA-Moleküle (siRNAs und miRNAs). Diese lagern sich an Boten-RNAs an, die von aktiven Genen gebildet werden. Dadurch verhindern sie, dass deren genetische Information in Proteine umgesetzt wird, was einem Abschalten der Gene gleichkommt. "Wir haben festgestellt", sagt Sood, "dass insbesondere ein geringer Spiegel von Dicer auf eine schlechte Prognose für Krebspatienten schließen lässt".

Sood und seine Kollegen ermittelten die Aktivitäten von Dicer und Drosha in 111 Gewebeproben von Eierstocktumoren. Waren beide Enzyme in hoher Aktivität vorhanden, lag die Überlebensdauer der Patientinnen bei durchschnittlich 11 Jahren. Sehr geringe Aktivitätsspiegel verkürzten diese Zeit auf nur noch 2,7 Jahre. Bestätigt wurde dieser Zusammenhang in Untersuchungen von Tumorproben weiterer 132 Patientinnen. Entsprechende vergleichende Analysen bei 91 Patienten mit Lungenkrebs und 129 Brustkrebspatientinnen lieferten ähnliche Ergebnisse, zumindest was Dicer betrifft. Im Labor synthetisierte siRNA-Moleküle, die auf ganz bestimmte Gene bzw. deren Boten-RNAs abzielen, ließen sich einsetzen, um Tumorzellen zu bekämpfen, sagt Sood. Dazu müssen die Forscher nun aber zunächst herausfinden, welches die Gene sind, die auf diese Weise blockiert werden sollen.

University of Texas
Quelle: Dicer, Drosha, and Outcomes in Patients with Ovarian Cancer, William M. Merritt et al., New England Journal of Medicine, Vol. 359, p. 2641, (2008)


 

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