Quantensuperposition: Direkter Nachweis von Gravitationswellen möglich?

„Es ist erstaunlich, dass die Gesetze der Quantenmechanik diese Ergebnisse ermöglichten“, sagt Mark Kasevich, Physiker an der Stanford University. Für das Experiment kühlte er zusammen mit seinen Kollegen eine Wolke aus etwa 100.000 Rubidiumatomen fast bis auf den absoluten Nullpunkt bei -273,15 ° Celsius ab. Dabei entstand ein sogenanntes Bose-Einstein-Kondensat (BEK), in dem alle Atome ihre Eigenständigkeit aufgaben und sich wie ein großes Superatom verhielten.
Eingesperrt unter Vakuum in einer magnetooptischen Falle, konnte diese tiefgekühlte Atomwolke fixiert werden. Mit einer Serie von Laserpulsen brachten sie alle Atome dazu, sich über einen größeren Bereich zu delokalisieren. Dieser Zustand ließ sich mit zwei Wellenpaketen beschreiben, die jeweils voneinander verschiedene Ausbreitungscharakteristiken zeigten. Innerhalb einer Sekunde konnten sich diese Wellenpakete bis zu 54 Zentimeter voneinander trennen. Dennoch blieb eine Quanteninterferenz zwischen den Paketen über diesen Zeitraum erhalten. Diesen Zustand nennen Physiker Quantensuperposition. Abermals durch Laserpulse angeregt ließen sich die Wellenpakete wieder zusammen führen, so dass sie sich auch räumlich überlagerten ohne sich gegenseitig zu beeinflussen. Mit speziellen Nachweisgeräten, sogenannte Interferometern, konnten Kasevich und Kollegen die Überlagerungen der beiden Materiewellen messen.
Diese ungewöhnlich große räumliche Trennung von Wellenpaketen eines Bose-Einstein-Kondensats stellt nicht nur ein beeindruckendes Grundlagenexperiment dar. Kasevich hält es auch für möglich, dass die Quantensuperposition über einen halben Meter und mehr zu extrem empfindlichen Sensoren von relativistischen Quanteneffekten und sogar für einen direkten Nachweis von Gravitationswellen genutzt werden könnte.
Diese Wellen konnten bisher nur indirekt nachgewiesen werden. Der direkte Nachweis mit großen Detektoren wie dem GEO600 bei Hannover, durch die sich Lichtwellen durch einige hundert Meter lange Tunnel ausbreiten und mit Gravitationswellen messbar wechselwirken sollen, scheiterte bislang. Die nun realisierte Quantensuperposition von Atomen, also Materie, könnte die Basis für eine neue Art von Gravitationswellendetektoren legen.