Protonenstrahl entdeckt gefälschte Weine

Die Zusammensetzung der Glasflasche enthüllt das Alter alter Weine, ohne die Flasche öffnen zu müssen - junge Weine brauchen Kombinationstechnik
Versuchsaufbau zur Analyse der Weinflasche
Versuchsaufbau zur Analyse der Weinflasche
© ARCANE-CENBG
Bordeaux (Frankreich) - Sehr alte Weinflaschen erzielen sehr hohe Preise bei Liebhabern, ein guter Antrieb für Fälscher und Panscher. Doch französische Kernphysiker halten nun mit einem Protonenstrahl dagegen: Ihre Methode analysiert das Glas der Flasche und kann Herkunftsregion und das Alter bis rund 100 Jahre zurück ermitteln. Möglich wird dies, weil sich die Glasereiprozesse über die Jahrzehnte deutlich gewandelt haben. Um allerdings zu erkennen, dass Fälscher einfach neuen Wein in alte Flaschen gefüllt haben, muss die Flasche doch geöffnet werden: Der Anteil des Isotops Cäsium-137 im Wein verrät dessen genaues Alter - wenigstens seit den ersten Atombombentests. Eine Weinanalysetechnik aus den USA, vor einigen Jahren mit Hilfe von Kernspinresonanztomographie entwickelt, hilft bei der Datierung auch nicht weiter: Sie misst in der ungeöffneten Flasche den Essiganteil und kann so nur erkennen, ob der Wein "umgekippt" ist. Die französischen Forscher wollen ihre Methode nun verfeinern, indem sie mehr Vergleichsdaten von authentischen Flaschen aus Privatsammlungen und Museen sammeln.

"Unsere Technik ist derzeit bis auf 15 Jahre präzise, doch wir hoffen, dies mit einer besseren Datenbasis auf ein bis zwei Jahre zu verbessern", erklärte Hervé Guégan vom Kernforschungszentrum Centre d'Etudes Nucléaires in Bordeaux Gradigan (CENBG) dem Portal PhysicsWorld. Sein Team nutzt einen hochenergetischen Protonenstrahl von 3 Megaelektronenvolt aus dem AIFIRA-Teilchenbeschleuniger des Instituts. Die Elemente im Glas reagieren darauf mit Strahlung im Röntgenbereich: Daraus ergibt sich eine Art Fingerabdruck des Glases, eine jeweils typische Kombination von 15 verschiedenen Elementen, von Silizium und Eisen bis Natrium und Magnesium. Im Vergleich mit dem chemischen Spektrum von bisher 80 authentischen Flaschen können die Forscher sowohl auf Herkunft als auch auf Alter der Flasche rückschließen. Ihre aktuelle Datenbasis umfasst Flaschen von 1859 bis heute, jeweils aus dem Südwesten Frankreichs - je nach Region und Zeit variiert das chemische Spektrum deutlich. Mithilfe einer Londoner Weinfirma wollen Guégan und Kollegen ihre Datenbank jetzt mindestens verdoppeln und die Methode weiter verfeinern: Die "Antique Wine Company" hat sich bereit erklärt, weitere Forschung zu finanzieren. Im Austausch profitiert sie zehn Jahre lang exklusiv von der Suche nach Fälschungen. Im kommenden Jahr soll die aktuelle Technik bereits einsatzfähig sein und von einer Spin-Off-Firma namens VinCert übernommen werden.

Die Methode zur direkten Weindatierung stammt ebenfalls von CENBG-Forschern: Ein Team um Philippe Hubert nutzt das radioaktive Isotop Cäsium-137, das bei den Atombombentests im vorigen Jahrhundert freigesetzt wurde und seitdem rund um die Welt in Tieren, Pflanzen und unbelebter Materie zu finden ist. Diese Technik kann das Weinalter aufs Jahr genau bestimmen, dabei wird allerdings die Probe zerstört. Die Weinqualität der ungeöffneten Flasche, wenn auch nicht das Alter, bestimmt zerstörungsfrei eine Methode der University of California, Davis. Dort hatte ein Team um den Chemiker Matthew P. Augustin vor drei Jahren gezeigt, dass die Kernspinresonanz die Menge enthaltener Essigsäure messen kann. Binnen fünf Minuten zeigt sich, ob der Alkohol in der Flasche oxidiert und damit verdorben ist. Der Alkohol Äthanol oxidiert zu Essigsäure oder Acetaldehyd, wenn Wein "umkippt" - in beiden Fällen findet eine Verschiebung der Protonen im Molekül statt, so deutlich, dass sie sich per NMR erkennen und sogar quantitativ bestimmen lässt.

CENBG, PhysicsWorld
Quelle: CENBG, PhysicsWorld


 

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