Präziser als je zuvor: Neues Maßband für das Universum
„Es gibt nicht viele Dinge im täglichen Leben, die wir mit einer Genauigkeit von einem Prozent kennen“, sagt David Schlegel vom Lawrence Berkeley National Laboratory, der an der Untersuchung führend beteiligt war. „Ich kenne nun die Größe des Universums besser als die meines Hauses.“ Mit einer solchen Genauigkeit war bisher nur die Distanz zu einigen hundert nahen Sterne bekannt, die höchstens ein paar tausend Lichtjahre entfernt sind. Nun können Astronomen millionenfach größere Abstände vergleichbar exakt angeben. Die neue Methode beruht auf dem Vergleich der Häufigkeit von Galaxien in verschiedenen Raumbereichen. Damit können die Forscher zwar nicht jeden Punkt oder jede Galaxie auf diesen großen kosmischen Maßstäben präzise kartieren. Dafür eignet sich die Methode jedoch hervorragend, um großflächige Strukturen im Kosmos abzumessen.
„Entfernungen zu bestimmen ist eine entscheidende Herausforderung in der Astronomie“, sagt Daniel Eisenstein vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. Er ist der Direktor des Beobachtungsprogramms Sloan Digital Sky Survey III, das ein Viertel des gesamten Sternenhimmels durchmustert und die nötigen Daten geliefert hat. Wissenschaftler aus aller Welt sind an diesem Programm beteiligt. Mit einem speziellen Teleskop kartierten die Astronomen 1,2 Millionen Galaxien. Ihr Instrument ist in der Lage, von bis zu 1000 Galaxien gleichzeitig detaillierte Aufnahmen zu machen.
Die besondere Methode, die sich nun als so präzise herausgestellt hat, beruht auf einem speziellen kosmologischen Effekt, den sogenannten „baryonischen akustischen Oszillationen“. In der Frühzeit des Universums, als dieses noch sehr viel kleiner war, gab es noch keine Sterne oder Galaxien, sondern nur ein extrem heißes und dichtes Plasma. In diesem Plasma bildeten sich Wellen – analog zu Wasser- oder Schallwellen. Als das Universum sich ausdehnte, kühlte sich dabei das Plasma ab und wurde zu normalem Gas, aus dem später Sterne und Planeten entstanden. Bei der Expansion des Alls blieben aber die Plasmaoszillationen in der großräumigen Struktur der Galaxien erhalten. Bildlich könnte man sich dies so vorstellen, als wenn eine Wasserwelle in ihrer Bewegung zu Eis gefriert – und dann mit der Expansion des Kosmos weiterwächst.
Diese Dichteschwankungen im frühen Universum lassen sich mit mathematischen Modellen berechnen. Heute entsprechen sie einer Häufung von Galaxien an bestimmten Orten im Universum, während anderswo Galaxien sehr viel seltener auftreten. Durch den Vergleich der Häufigkeit von Galaxien an verschiedenen Orten im Universum mit den theoretischen Berechnungen konnten die Astronomen die nun erreichte Präzision erzielen. „Noch vor zwanzig Jahren wichen die Abstandsschätzungen auf solchen kosmischen Distanzen um bis zu fünfzig Prozent voneinander ab. Vor fünf Jahren konnte man die Ungenauigkeit auf fünf Prozent reduzieren, vor einem Jahr auf zwei Prozent“, summiert Schlegel den erzielten Fortschritt. Die neuen Messungen bestätigen frühere, weniger präzise Kartierungen des Alls und passen zu den gängigen kosmologischen Theorien.