Präzise Schätzung: Knapp 9 Millionen Arten leben auf der Erde
"Die Frage, wie viele Arten existieren, beschäftigt Wissenschaftler seit Jahrhunderten und die Antwort ist heute besonders wichtig, da viele Aktivitäten und Einflüsse seitens des Menschen die Rate des Aussterbens beschleunigen", erläutert Camilo Mora von der University of Hawaii und der Dalhousie University im kanadischen Halifax. Mora und seine Kollegen machten sich mathematische Zusammenhänge in der Systematik zunutze: Innerhalb der sogenannten Taxonomie werden in der Biologie Arten nach ihren verwandtschaftlichen Beziehungen in ein System geordnet, das zunächst nur grob und dann immer feiner unterscheidet und einteilt. Die Biologen hatten taxonomische Zusammenhänge der etwa 1,2 Millionen heute bekannten und in entsprechenden Katalogen und Registern verzeichneten Arten analysiert und verlässliche numerische Beziehungen zwischen den höheren taxonomischen Einordnungen und der Artenebene ausgemacht. Ihnen war aufgefallen, dass die Einteilung in die höheren Gruppen - also die Zuordnung in Stamm, Klasse, Ordnung, Familie und Gattung - einem gleichbleibenden und vorhersagbaren Muster folgt, aus dem auf die Gesamtzahl der Arten einer taxonomischen Gruppe geschlossen werden kann.
"Wir entdeckten, dass wir die Anzahl der Arten vorhersagen können, indem wir Zahlen aus den höheren taxonomischen Gruppen benutzen", erklärt Moras Kollege Sina Adl. "Der Ansatz berechnete akkurat die Anzahl der Arten in einigen gut bekannten Gruppen wie Säugern, Fischen und Vögeln, was Vertrauen in die Methode liefert." Aus den Berechnungen ergaben sich folgende Schätzung der Artenzahlen: Insgesamt leben auf der Erde 8,74 Millionen Arten Eukaryoten (plus/minus 1,3 Millionen), davon geschätzte 2,2 Millionen in den Ozeanen. Von den rund 8,7 Millionen sind ungefähr 7,77 Millionen Tierarten, von denen 953.434 bisher beschrieben und katalogisiert sind; etwa 289.000 Pflanzenarten, von denen 215.644 bekannt sind; rund 611.000 Pilzarten, von denen man 43.271 kennt, und um die 63.900 Einzeller, von denen rund ein Drittel bereits beschrieben ist. Zum Vergleich: Die Rote Liste der Arten umfasst lediglich 59.508 Arten, von denen 19.625 als bedroht eingestuft werden - also nicht einmal ein Prozent der theoretisch geschätzten Gesamtzahl. Zwar sparen moderne Methoden wie DNA-Analysen Zeit und Geld bei der Bestimmung neuer Arten, doch würde es rein theoretisch bis zu 1.200 Jahre Arbeit von 300.000 Taxonomen benötigen und Unsummen kosten, alle verbleibenden Spezies noch zu identifizieren und zu beschreiben. Dabei sind nicht alle der unbekannte Arten im Dschungel oder der Tiefsee zu suchen, so Co-Autor Alastair Simpson: Einige könnten buchstäblich sogar im eigenen Garten leben.