Prähistorische Vorfahren doch keine wilden Krieger?

Tötungsdelikte waren in der eigenen Familie wesentlich häufiger als bei Kämpfen mit anderen Stämmen
Prähistorisches Skelett aus der Zeit der Jäger und Sammler
Prähistorisches Skelett aus der Zeit der Jäger und Sammler
© Douglas P. Frey
Vasa (Finnland) - Gewalttätige Konflikte zwischen Völkern sind keine Komponente der „menschlichen Natur“. Dies zumindest ist das Ergebnis einer finnischen Forschergruppe, die Todesfälle bei prähistorischen Jägern und Sammlern untersucht hatte. Die frühen Menschen ermordeten einander vielmehr aus persönlichen Gründen. Kriege oder Kämpfe eines Stamms gegen den anderen seien dagegen jüngere Entwicklungen, schreiben die Anthropologen im Wissenschaftsjournal „Science“. Die Forscher hatten rund 150 gewaltsame Todesfälle in 21 Jäger- und Sammlergesellschaften untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass den Opfern eher interfamiliäre Zwistigkeiten oder der Streit um eine Frau zum Verhängnis wurden.

„Übergreifend können wir feststellen, dass die meisten Fälle einer tödlichen Aggression als Mord und Totschlag klassifiziert werden können“, sagt Douglas P. Frey von der Abo Akademi University im finnischen Vasa. Der Mitarbeiter der Abteilung für „Peace, Meediation and Conflict Research“ ergänzt: „Hinzu kommen einige Fälle von Blutrache.“ Nur ein geringer Teil der tödlichen Ereignisse seien kriegerische Auseinandersetzungen gewesen. In 85 Prozent der Vorfälle stammten die Killer und ihre Opfer aus derselben Gruppe. Ursachen von zwei Dritteln aller tödlichen Vorkommnisse waren Familienstreitigkeiten, Rivalitäten, Ehrenhandel, Affekt-Handlungen oder Selbstverteidigung. Exekutionen gab es bereits als Strafe für geringfügige Diebstahlsdelikte.

Die neuen Untersuchungen widersprechen der allgemeinen Vorstellung, dass die frühen Menschen sich ständig gegenseitig überfallen und bekämpft haben. Kriege hätten sich erst in komplexeren und berittenen Gesellschaften entwickelt, meint Frey. Für den Studienautor sprachen ohnehin diverse Gründe gegen sich ständig raufende Barbarenhorden. So seien die Gruppen zu klein und zu verteilt in der spärlich besiedelten Landschaft gewesen. Die Jäger und Sammler hätten ständig umher ziehen müssen und deshalb kein Territorium verteidigt. Außerdem hätten die Gruppen wenig materielle Güter besessen. Letztlich, da ist sich Frey sicher, mache all dies kriegerische Ambitionen unserer Urahnen ziemlich unwahrscheinlich.

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