Prähistorische Kräuterküche: Nordeuropäer würzten schon vor mehr als 6.000 Jahren
„Die Analyse von Pflanzen-Mikrofossilien hat uns einen neuen Weg eröffnet, die prähistorischen kulinarischen Praktiken unserer Vorfahren zu erkunden“, meint Hayley Saul. Die Wissenschaftlerin von der Universität von York hatte zusammen mit einem internationalen Team, an dem auch Forscher der Universität Kiel beteiligt waren, die Überreste der Tonwaren untersucht. Dabei fanden sie in den Ablagerungen der Kochgeschirr-Innenseite unter anderem mikroskopisch kleine Strukturen aus Kieselsäure – sogenannte Phytolithe. Diese waren typisch für die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), auch Lauchkraut oder Knoblauchhederich genannt. Die Blätter der uralten Gewürzpflanze erzeugen einen Knoblauchduft, wenn sie zerrieben werden.
Die neuen Ergebnisse widerlegen bisherige Annahmen, dass beim Übergang von Jäger-Sammler-Gesellschaften zur frühen Landwirtschaft ausschließlich Pflanzen zur Deckung des Kalorienbedarfs gesammelt wurden. Vielmehr scheint auch damals schon der Geschmack der Speisen eine Rolle gespielt zu haben. Denn die Knoblauchsrauke war zu kalorienarm, um als Energielieferant zu dienen. Der Gebrauch war bisher aber schwer nachzuweisen, da Pflanzengewebe aus dieser Zeit nur selten konserviert ist. Außerdem musste belegt werden, dass die Pflanzen oder deren Produkte wirklich als Gewürze eingesetzt wurden – was in diesem Fall durch den Fund im etwa 6.100 Jahre alten Kochgeschirr eindeutig war. Jetzt wollen die Forscher klären, ob die Bewohner der Ostsee-Region die Nutzung der Knoblauchrauke als Gewürz selbst entdeckt oder das Wissen aus dem Mittelmeerraum importierten hatten.