Pinguine gegen Maschinengewehre

Gewalttätige Videospiele vor dem Zubettgehen beeinträchtigen den Schlaf älterer Jugendlicher nicht viel mehr als ein beschaulicher Tierfilm - und damit womöglich doch weniger als befürchtet
Adelaide (Australien) - Videospiele beeinträchtigen den Schlaf von Teenagern wohl weniger als befürchtet. Hinweise darauf haben australische Psychologen in einer kleinen Studie gefunden. Sie stellten fest: Beschäftigen sich ältere Jugendliche vor dem Schlafengehen noch mit Videospielen, schlafen sie danach ähnlich schnell ein wie nach einem entspannenden Dokumentarfilm. Zwar ist durchaus ein Unterschied bei der Einschlafzeit zu beobachten, dieser bleibt aber im Rahmen weniger Minuten. Die Schlafqualität selbst beeinträchtigen Videospiele der Untersuchung zufolge überhaupt nicht, berichten die Forscher im "Journal of Clinical Sleep Medicine".

"Eingangs waren wir überrascht, dass ein gewalttätiges Videospiel zu spielen nicht zu einer sehr viel längeren Zeit beim Einschlafen führte", erklärte Michael Gradisar von der Flinders University in Adelaide. Eigentlich sei die wissenschaftliche Literatur zum Thema Schlafverzögerung im Zusammenhang mit Videospielen eher spärlich - doch kursierten eine Vielzahl anekdotischer Berichte, dass das Einschlafen nach abendlichem Videospiel erschwert sei. Um dem Thema näher auf den Grund zu gehen, verglichen Gradisar und seine Kollegen bei 13 Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren den Effekt eines brutalen Videospiels mit dem eines friedlichen Films vor dem Zubettgehen.

Die Psychologen ließen die jugendlichen Probanden einmal den beliebten Taktik-Shooter "Call of Duty 4: Modern Warfare" spielen. Eine Woche nach diesem Experiment sahen die Probanden dagegen stattdessen den beschaulichen Dokumentarfilm "Die Reise der Pinguine". "Wir wählten absichtlich einen sehr ruhigen Film als Kontrast gegen den sehr anregenden Effekt, ein brutales Videospiel zu spielen, in der Hoffnung, den größtmöglichen Effekt auf den Schlaf zu erzielen", erläutert Gradisar. Wie gut die Teenager einschlafen konnten und den Schlaf selbst beurteilten die Forscher unter anderem anhand der Messungen von Hirnströmen, Muskel-Aktivität sowie Reaktionen der Augen. Außerdem befragten sie die Freiwilligen nach ihrem Empfinden.

Nach dem Pinguinfilm schliefen die Jugendlichen im Schnitt nach 3 Minuten ein, für etwa ein Drittel war der Film sogar so spannend, dass sie noch währenddessen einschliefen. Das passierte beim Videospielen keinem. Dennoch fanden die Teenager nach dem Spiel schon nach durchschnittlich 7,5 Minuten Schlaf - blieben absolut gesehen also nur unwesentlich länger wach als nach dem Film. Sieben der Probanden fühlten sich nach dem Videospiel weniger müde als nach den Pinguinen. Vier bemerkten keinen Unterschied und zwei fühlten sich im Gegenteil nach den Pinguinen wacher. Zwei konnten tatsächlich sogar nach dem Videospiel schneller einschlafen. Weder die Schlafzeit noch die -qualität unterschieden sich. "Die Ergebnisse legen nahe, dass der unmittelbare Effekt von Videospielen vor dem Schlafen auf den Schlaf von Heranwachsenden moderater sein könnte als bislang gedacht", fassen die Autoren zusammen.

Die Studie hat allerdings ihre Schwächen, geben die Forscher selbst zu bedenken. "Nur sehr wenige Teenager würden ihre Spielzeit auf 50 Minuten in einer einzelnen Nacht beschränken", sagt Gradisar. Es ist schwer einschätzbar, welchen Einfluss längeres und häufigeres Spielen oder Videospiele mit stärkerer körperlicher Aktivität auf das Einschlafen haben könnte. Zudem sei etwa denkbar, dass jüngere Jugendliche mit weniger gutem Schlaf durchaus stärker von Videospielen beeinflusst werden.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "The effect of presleep video-game playing on adolescent sleep", Michael Gradisar et al.; Journal of Clinical Sleep Medicine (im Druck)


 

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