Ozean unter Eis

„Aus unseren Daten können wir folgern, das sich in der Tiefe ein dichteres Material befinden muss: flüssiges Wasser, etwa sieben Prozent dichter als Eis“, sagt Luciano Iess von der römischen Universität La Sapienza, Erstautor der Studie. Die Messungen und die Analyse gestalteten sich schwierig: Enceladus ist kein besonders großer Mond und seine Schwerkraft entsprechend schwach. Die Wissenschaftler nutzten deshalb drei sehr enge Vorbeiflüge von Cassini, bei denen die Raumsonde sich dem Eismond auf nur 100 Kilometer näherte und deshalb den Einfluss seiner Schwerkraft besonders stark spüren konnte. Mit Hilfe der großen Radioteleskope des NASA Deep Space Network verfolgten die Forscher dann mit höchster Präzision die Flugbahn von Cassini jeweils über mehrere Stunden, wobei ihnen ein Mikrowellensender an Bord der Raumsonde behilflich war. Diese drei Überflüge geschahen bereits in den Jahren 2010 bis 2012, die Analyse der Daten ist aber erst jetzt abgeschlossen.
Die Ergebnisse weisen auf einen etliche Kilometer tiefen Ozean hin, der sich rund dreißig bis vierzig Kilometer unter der dicken Eisdecke befindet und der sich vermutlich bis in mittlere südliche Breitengrade erstreckt. Er wäre etwa so groß wie der Obere See zwischen den USA und Kanada, das zweitgrößte Binnengewässer der Erde. An seinem Grund beginnt wahrscheinlich der Gesteinskern des Mondes. Unterseeische vulkanische Aktivitäten könnten dort zu komplexen chemischen Prozessen führen, wie sie vielleicht auch auf der frühen Erde vorlagen. Die Messungen von Cassini deuten auch auf einen mehrschichtigen Aufbau des gesamten Mondinneren hin. Wahrscheinlich besitzt Enceladus unter Eisdecke und Ozean einen Gesteinskern mit niedriger Dichte, der von einem Mantel umgeben ist.