Östrogen schützt vor Stress

Versuche an Ratten legen nahe: Das weibliche Sexualhormon macht Frauen belastbarer als Männer
Buffalo (USA) - Frauen sind tendenziell stressresistenter als Männer. US-Forscher haben jetzt in Experimenten mit Ratten eine molekularbiologische Erklärung gefunden, warum das so ist: Östrogen macht das weibliche Geschlecht weniger anfällig für Stress. Indem sie bei männlichen Nagern die Mengen dieses Sexualhormons im Gehirn gezielt beeinflussten, konnten die Wissenschaftler bei Männchen die Stresswirkung abmildern. Umgekehrt ließ sich diese bei Weibchen verstärken, berichten im Fachblatt „Molecular Psychiatry“.

„Wir haben die molekularen Mechanismen untersucht, die den geschlechtsspezifischen Effekten von Stress zugrunde liegen“, erläutert Zhen Yan vom Department of Physiology and Biophysics an der University at Buffalo. „Frühere Studien hatten gezeigt, dass Frauen widerstandsfähiger bei chronischem Stress sind, und unsere Forschung hat nun den Grund dafür gefunden.“ Gemeinsam mit ihren Kollegen hatte Yan Ratten eine Woche lang wiederholt körperlichem Stress ausgesetzt und die Reaktionen der Tiere bei bestimmten Lernaufgaben getestet, die das Kurzzeitgedächtnis fordern. Das Ausmaß der Stressbelastung entsprach dabei herausfordernden und durchaus stressenden, aber keinesfalls bedrohlichen Erfahrungen, vergleichbar mit einer Belastung durch Frust und Druck.

Junge Weibchen zeigten keine Beeinträchtigungen ihrer Leistungen. Sie konnten weiterhin Objekte, die ihnen gezeigt worden waren, erkennen und sich an sie erinnern. Bei jungen männlichen Ratten dagegen führte derselbe Stress dazu, dass sich die Leitungsfähigkeit ihres Kurzzeitgedächtnisses verschlechterte. Griffen die Forscher aber in bestimmte Mechanismen im Gehirn ein, die mit Östrogen zusammenhängen, änderte sich dies: „Waren Östrogen-Signalwege im Gehirn von Weibchen blockiert, übte Stress schädliche Effekte auf sie aus“, erklärt Yan. „Wurden Östrogen-Signalwege bei Männchen aktiviert, blockierte dies die schädlichen Effekte von Stress.“

Entscheidend für den Schutzeffekt ist offenbar das im Gehirn produzierte Östrogen. Das in den Eierstöcken produzierte Östrogen hingegen scheint dafür unwichtig zu sein, denn die Wirkung zeigte sich auch bei Weibchen, denen die Eierstöcke entfernt worden waren, erläutert Yan. Außerdem fanden die Forscher heraus, dass das Enzym Aromatase, das an der Biosynthese von Östrogen im Hirn beteiligt ist, eine zentrale Rolle bei diesen Prozessen zu spielen scheint. Die Menge an Aromatase ist im präfrontalen Cortex von Weibchen deutlich höher als in dem von Männchen und das Enzym zu blockieren, führte auch bei Weibchen zu den typischen Gedächtnisdefiziten unter Stress.

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Quelle: „Estrogen Protects Against the Detrimental Effects of Repeated Stress on GlutamatergicTransmission and Cognition”, Zhen Yan et al.; Molecular Psychiatry, im Druck


 

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