Nummerncode des Gehirns geknackt

Durch die Beobachtung und Analyse von Aktivitätsmustern im Gehirn können Wissenschaftler jetzt sagen, welche Zahl ein Individuum gerade gesehen hat
Paris (Frankreich) - Zahlen werden im Gehirn offenbar in spezifischen Aktivitätsmustern festgehalten. Dies hat ein französisches Forscherteam festgestellt, das durch die Beobachtung und Analyse dieser Aktivitätsmuster nun auch sagen kann, welche Zahl ein Mensch gerade gesehen hat. Zehn Versuchspersonen wurden Zahlen und Punkte vorgelegt, die die Wissenschaftler anschließend durch Gehirnbeobachtung ermittelt haben, wie sie in der Fachzeitschrift "Current Biology" darlegen. Diese Ergebnisse betrachten die Forscher als Durchbruch zu einer möglichen Analyse der Zählfähigkeit des Menschen.

"Es war zunächst gar nicht klar, ob es überhaupt möglich wäre, mit funktionalen Bildgebungsverfahren diese Zahlenverarbeitung aufzudecken", erklärt Evelyn Eger vom Institut national de la santé et de la recherche médicale (INSERM) in Paris. "Bei Affen erscheinen Neuronen, die mit der Zählfähigkeit zu tun haben, zwischen Neuronen, die für andere Dinge zuständig sind. So schien es zunächst unwahrscheinlich zu sein, dass man Unterschiede von Aktivitätsmustern, die Zahlen oder Mengen betreffen, so klar beim Menschen finden würde. Dass dies aber beim Menschen offensichtlich möglich ist, bedeutet, dass es beim Menschen eine klarer strukturierte Vorliebe für Zahlen gibt, als bisherige neurophysiologische Methoden dies bisher vermuten ließen."

Evelyn Eger und ihre Kollegen haben zehn Versuchspersonen sowohl einzelne Zahlen als auch Punktmuster vorgelegt und die Gehirnaktivität der Probanden während der Wahrnehmung der Punkte oder Zahlen beobachtet. Dabei konnten die Forscher die Zahl der Punkte, die eine Versuchsperson aktuell sah, mit einer Wahrscheinlichkeit bestimmen, die über dem Zufall lag. Zumindest bei kleinen Mengen konnten die Wissenschaftler bei den Punkteansammlungen erkennen, dass sich im Gehirn graduell abgestufte Muster - je nachdem, welche Zahl die Punkte repräsentierten - ergaben. So war etwa erkennbar, dass eine Person sechs Punkte gesehen hatte, weil die Sicht auf fünf Punkte oder auf sieben Punkte in der Gehirnaktivität anders aussah. Beim Blick auf konkrete arabische Zahlen war diese Genauigkeit der Bestimmung noch nicht zu erreichen, wie die Forscher einräumen. "Mit diesen Codes sind wir am Anfang der Entschlüsselung der Grundlagen, auf denen vermutlich die Rechenfähigkeit des Menschen basiert", erklärt Eger. "Wir wissen noch nicht, wie diese Repräsentationen im Gehirn miteinander verbunden sind, aber die Tatsache, dass wir sie im menschlichen Gehirn identifizieren können, gibt uns die Hoffnung, dass wir eines Tages auch die Muster finden, die wir direkt ansteuern können."

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Quelle: "Deciphering Cortical Number Coding from Human Brain Activity Patterns", Evelyn Eger et al., Current Biology 19, 1-8, October 13, 2009. DOI 10.1016/j.cub.2009.08.047


 

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