Nüsse knacken: mit Geschick statt mit Gewalt

Kapuzineraffen zertrümmern nicht einfach stumpfsinnig, sondern achten auf den Zustand der Nuss und setzen ihre Kraft dementsprechend wohldosiert ein
Jatobá beim Knacken einer Nuss
Jatobá beim Knacken einer Nuss
© Dorothy Fragaszy
Athens (USA) - Dass Affen Nüsse knacken können und dabei auch Steine als Werkzeuge benutzen, ist wohlbekannt. Doch welche außerordentliche Geschicklichkeit sie dabei an den Tag legen, war bislang nicht erkannt worden. Tatsächlich hämmern sie nicht einfach mit voller Wucht auf die Nuss ein, um an das essbare Innenleben zu gelangen. Vielmehr setzen die Tiere ihre Kraft vorsichtig und wohldosiert ein, so dass der wertvolle Kern unversehrt bleibt. Das haben zwei US-Psychologen bei südamerikanischen Kapuzineraffen beobachtet, wie sie im Fachblatt „Current Biology” beschreiben. Die Wucht jedes einzelnen Schlages bemessen die kleinen Primaten so, dass sie für den jeweils aktuellen Zustand der Nuss angemessen ist: So wird sie nicht stumpfsinnig zertrümmert, sondern elegant geknackt.

„Es war ein 'Heureka'-Moment, als wir realisierten, dass die Affen ihre Schläge systematisch daran anpassen, wie es um die Nuss nach dem vorangegangenen Schlag bestellt ist”, sagt Madhur Mangalam vom Department of Psychology an der University of Georgia. „Bis jetzt hat man dieses Ausmaß an Geschicklichkeit von keiner Affenspezies erwartet.” In Brasilien hatte Mangalam gemeinsam mit seiner Kollegin Dorothy M. Fragaszy 14 Rückenstreifen-Kapuziner (Sapajus libidinosus) beim Nüsseknacken beobachtet. Dazu legen die Primaten die Frucht auf einen Felsen oder Baumstamm und schlagen mit einem Stein zu. Um an den Inhalt der mehrschichtigen Frucht zu gelangen, bedarf es im Normalfall mehrerer Schläge. Die Forscher zeichneten diese handwerklichen Betätigungen auf Video auf und analysierten anhand der Aufnahmen bei jedem einzelnen Schlag, wie schnell er war und wie weit die Affen ausgeholt hatten.

Das Ergebnis überraschte: Mangalam und Fragaszy hatten erwartet, dass die Tiere schlicht recht kraftvoll zuschlagen oder ihre Schlagkraft innerhalb bestimmter Grenzen halten beziehungsweise sie möglicherweise immer ein wenig fester zuschlagen, bis die Nuss schließlich zerbricht. Doch das taten sie nicht. Sie schlugen mit moderater Kraft zu und ihre Fähigkeiten deuten dabei auf ein weit größeres Maß an Geschick. Denn sie passten ihre Schläge an den aktuellen Zustand der Nuss an – zum Beispiel daran, ob die Frucht nach dem vorangegangenen Schlag schon Risse oder Brüche aufwies. Die Technik, mehrfach mit moderater Kraft zuzuschlagen, sei energetisch effizienter als einmal mit voller Wucht zuzuschlagen, schreiben Mangalam und Fragaszy. Und so verringere sich die Wahrscheinlichkeit, dass der wertvolle Kern beim Knacken zermanscht wird. Die beiden Forscher wollen nun herausfinden, ob auch andere Spezies beim Werkzeuggebrauch dazu in der Lage sind, so geschickt, spontan und anpassungsfähig zu reagieren.

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