Nobelpreis für Physik für Entdecker von Graphen
"Ich bin schon überrascht von dieser Entscheidung", sagt Roman Fasel, Graphen-Forscher am schweizerischen Institut für Materialforschung EMPA in Duebendorf. "Das war sehr schnell nach der Entdeckung und sehr unüblich für das Nobelpreiskomitee." Stefan Hüfner, Graphen-Forscher an der Universität des Saarlandes, zeigte sich ebenfalls begeistert wie überrascht. "Bisher mussten die Preisträger 20 bis 30 Jahre warten, da sind die armen Leute oft schon sehr alt." Für Geim und Novoselov gilt das nicht. Und für das Forschungsgebiet Graphen können sich die Forscher nichts Besseres wünschen. Die enorme Dynamik, die schneller anwächst als bei jedem anderen Werkstoff zuvor, wird durch diese Auszeichnung nun noch zunehmen. "Das Feld weitet sich in Riesenschritten", sagt Fasel.
"Hier werden Forscher eigentlich für etwas ganz Primitives und dadurch auch besonders Pfiffiges ausgezeichnet", sagt Hüfner. Denn jeder kann zuhause mit einem Bleistift mit Graphitmine und einem Klebestreifen selbst Graphen-Schichten herstellen. Zieht man den Klebestreifen ab, kann Graphit so fein geschält werden, dass die hauchdünnen Schichten entstehen. "In diesem Sinne ist diese Entdeckung überhaupt kein High-Tech", sagt Hüfner. "Es ist nicht nur diese Idee. Geim und Novoselov konnten eben feststellen, was genau sie durch dieses Abschälen herstellen konnten", erklärt Fasel.
Auch wenn noch kein Computerchip heute mit Graphenschichten auf dem Markt ist, liegt in diesem Material sehr viel Hoffnung. Als derzeit viel versprechendster Nachfolger des Halbleiters Silizium wurden bereits erste Transistoren aus den Kohlenstoff-Schichten gefertigt. Für die Schaltflächen von durchsichtigen und zugleich rollbaren Flachbildschirmen eignen sich die wohl dünnsten Folien der Welt ebenso gut wie für extrem empfindliche Sensoren. Geschlitzte Graphen-Lagen könnten auch die Grundlage für Geräte bilden, die das Erbgut von einzelnen Personen günstig und in wenigen Stunden komplett kartieren können.
"Wo uns Graphen hinführen wird, können wir heute noch nicht wissen", sagt Fasel. Aber die Gefahr, dass dieses Forschungsfeld in eine Sackgasse führt, ist ausgesprochen klein. Zu viel versprechend sind die Ergebnisse, die an Laboren weltweit fast täglich neu entstehen.