Nobelpreis für Physik für Entdecker von Graphen

Schon sechs Jahre nach der Entdeckung gewinnen Andre Geim und Konstantin Novoselov den weltweit renommiertestes Physik-Preis – Hauchdünne Kohlenstoffschichten für die nächste Revolution der Mikroelektronik
Graphen-Schichten: Physik-Nobelpreis für die Entdeckung dieser einatomigen Kohlenstoffschichten
Graphen-Schichten: Physik-Nobelpreis für die Entdeckung dieser einatomigen Kohlenstoffschichten
© University Manchester
Stockholm (Schweden) - Graphen - kein anderes Material hat zuvor in so kurzer Zeit so viele Wissenschaftler mit seinen einzigartigen Eigenschaften begeistern können. Die hauchdünnen, extrem gut leitfähigen und zugleich hoch stabilen Schichten aus Kohlenstoff werden den Weg zu extrem schnellen Schaltkreisen, rollbaren Bildschirme und neuen Erkenntnissen in der Quantenelektronik ebnen. Erst vor sechs Jahren, im Oktober 2004, veröffentlichten der 1958 in Russland geborene Niederländer Andre Geim und der russisch-britische Staatsbürger Konstantin Novoselov (Jahrgang 1974) die bahnbrechende Studie über die dünnen Lagen, die nur aus einer Atomschicht aus Kohlenstoff bestehen. Die beiden Physiker, die an der University of Manchester arbeiten, erhalten nun zu gleichen Teilen den mit zehn Millionen Schwedischen Kronen – rund eine Million Euro – dotierten Nobelpreis für Physik 2010.

"Ich bin schon überrascht von dieser Entscheidung", sagt Roman Fasel, Graphen-Forscher am schweizerischen Institut für Materialforschung EMPA in Duebendorf. "Das war sehr schnell nach der Entdeckung und sehr unüblich für das Nobelpreiskomitee." Stefan Hüfner, Graphen-Forscher an der Universität des Saarlandes, zeigte sich ebenfalls begeistert wie überrascht. "Bisher mussten die Preisträger 20 bis 30 Jahre warten, da sind die armen Leute oft schon sehr alt." Für Geim und Novoselov gilt das nicht. Und für das Forschungsgebiet Graphen können sich die Forscher nichts Besseres wünschen. Die enorme Dynamik, die schneller anwächst als bei jedem anderen Werkstoff zuvor, wird durch diese Auszeichnung nun noch zunehmen. "Das Feld weitet sich in Riesenschritten", sagt Fasel.

"Hier werden Forscher eigentlich für etwas ganz Primitives und dadurch auch besonders Pfiffiges ausgezeichnet", sagt Hüfner. Denn jeder kann zuhause mit einem Bleistift mit Graphitmine und einem Klebestreifen selbst Graphen-Schichten herstellen. Zieht man den Klebestreifen ab, kann Graphit so fein geschält werden, dass die hauchdünnen Schichten entstehen. "In diesem Sinne ist diese Entdeckung überhaupt kein High-Tech", sagt Hüfner. "Es ist nicht nur diese Idee. Geim und Novoselov konnten eben feststellen, was genau sie durch dieses Abschälen herstellen konnten", erklärt Fasel.

Auch wenn noch kein Computerchip heute mit Graphenschichten auf dem Markt ist, liegt in diesem Material sehr viel Hoffnung. Als derzeit viel versprechendster Nachfolger des Halbleiters Silizium wurden bereits erste Transistoren aus den Kohlenstoff-Schichten gefertigt. Für die Schaltflächen von durchsichtigen und zugleich rollbaren Flachbildschirmen eignen sich die wohl dünnsten Folien der Welt ebenso gut wie für extrem empfindliche Sensoren. Geschlitzte Graphen-Lagen könnten auch die Grundlage für Geräte bilden, die das Erbgut von einzelnen Personen günstig und in wenigen Stunden komplett kartieren können.

"Wo uns Graphen hinführen wird, können wir heute noch nicht wissen", sagt Fasel. Aber die Gefahr, dass dieses Forschungsfeld in eine Sackgasse führt, ist ausgesprochen klein. Zu viel versprechend sind die Ergebnisse, die an Laboren weltweit fast täglich neu entstehen.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: Nobelpreis-Komitee Stockholm


 

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