Neurodermitis: Hautbakterien verursachen Krankheitssymptome

Ein von Staphylokokken freigesetztes Toxin löst allergische Reaktionen aus, die bei Mäusen die typischen Ekzeme hervorrufen
Schnitt durch die Haut von Mäusen, die mit delta-Toxin-bildenden Staphylokokken (links) oder mit Staphylokokken ohne delta-Toxin-Produktion (rechts) behandelt wurde.
Schnitt durch die Haut von Mäusen, die mit delta-Toxin-bildenden Staphylokokken (links) oder mit Staphylokokken ohne delta-Toxin-Produktion (rechts) behandelt wurde.
© Nunez laboratory, University of Michigan
Ann Arbor (USA) - Die Ursache der Neurodermitis, korrekter als atopisches Ekzem bezeichnet, ist weitgehend unbekannt. Jetzt haben amerikanische Mediziner in Versuchen mit Mäusen nachgewiesen, dass die Besiedlung der Haut mit bestimmten Bakterien einen Krankheitsschub auslösen kann. Demnach setzen Staphylokokken ein Toxin frei, das Immunzellen der Haut aktiviert und dadurch starke Entzündungsreaktionen in Gang setzt. Auch auf erkrankter Haut von Patienten ließen sich diese Bakterien und größere Mengen des Toxins nachweisen. Besser als Antibiotika könnten Hemmstoffe, die das sogenannte delta-Toxin blockieren, bei der Behandlung der chronischen Hautkrankheit helfen, schreiben die Forscher im Fachjournal „Nature“.

„Wir wissen, dass bei 90 Prozent der Patienten mit atopischem Ekzem Staphylococcus aureus-Bakterien auf der erkrankten Haut nachweisbar sind“, sagt Gabriel Núñez von der University of Michigan in Ann Arbor. Bisher hätte es aber keine konkreten Hinweise darauf gegeben, dass diese Mikroben an der Entwicklung der Krankheit beteiligt sind. Núñez und seine Kollegen haben nun einen von den Staphylokokken produzierten Eiweißstoff, das delta-Toxin, als möglichen Auslöser des Ekzems identifiziert. Dieses Toxin veranlasst Zellen des Immunsystems in der Haut, sogenannte Mastzellen, Histamin auszuschütten. Das führt zu Entzündungen im Hautgewebe, wie sie für allergische Symptome typisch sind.

In ihren Experimenten mit Mäusen konnten die Forscher zeigen, dass Staphylokokken, denen das Gen zur Bildung von delta-Toxin fehlte, auch keine starken Hautentzündungen mehr auslösten. Wurden den Mäusen aber diese Bakterien zusammen mit dem gereinigten Toxin verabreicht, kam es wieder zu einer verstärkten Entzündung. Bei genetisch veränderten Mäusen, die keine Mastzellen bilden konnten, führte eine Besiedlung der Haut mit toxinproduzierenden Staphylokokken nicht mehr zu einem Ekzem. Die krankhaften Hautveränderungen sind also sowohl von der Aktivität der Mastzellen als auch vom delta-Toxin abhängig. Genetische Faktoren spielen für die Anfälligkeit der Erkrankung wohl eine zusätzliche Rolle, sagt Núñez.

Auch auf der Haut von Neurodermitis-Patienten fanden die Forscher Staphylococcus aureus-Bakterien, die große Mengen an delta-Toxin produzierten. Ob die Ergebnisse der Tierversuche aber direkt auf den Menschen übertragbar sind, müssen klinische Studien erst noch klären. Dann ließen sich neue Therapien entwickeln, die darauf beruhen, mit einem Hemmstoff die Wirkung des delta-Toxins zu blockieren. Dagegen wäre eine Eliminierung der Staphylokokken durch Antibiotika nur kurzfristig wirksam, da bei der nötigen Langzeitbehandlung schnell resistente Bakterien entstehen würden. Zu welchem Zweck die Staphylokokken das delta-Toxin freisetzen, ist noch nicht genau untersucht. Die Forscher vermuten, dass die Mikroben dadurch andere Bakterien in ihrer Nähe abtöten, um sich besser gegen die Konkurrenz durchsetzen zu können. Das Ekzem entstünde also möglicherweise als „Kollateralschaden“ sich bekämpfender Bakterien auf unserer Haut, so Núñez. In den Industrieländern leiden 15 bis 30 Prozent der Kinder und etwa 5 Prozent der Erwachsenen an einem atopischen Ekzem.

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