Neues Spinnverfahren: Lange, feste und leitfähige Fäden aus Nanoröhrchen

Prozess ebnet Weg zur Massenproduktion – erste Anwendungen der Kohlenstofffasern liegen in der Mikroelektronik
Spule mit gut 50 Meter Faden aus Kohlenstoffnanoröhrchen
Spule mit gut 50 Meter Faden aus Kohlenstoffnanoröhrchen
© Rice University
Houston (USA)/Arnhem (Niederlande) - Stabiler als Stahl und elektrisch leitfähiger als alle Metalle: Diese Eigenschaften vereinen winzige Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Doch bei der Fertigung von Meter langen Fäden aus dem Material gingen diese Vorteile bisher verloren. Dieses Problem konnte nun ein internationales Forscherteam mit einem neuen Spinnverfahren beheben. Es bündelte Abertausende Nanoröhrchen zu bis zu 500 Meter langen, reißfesten Fäden. Wie die Forscher in der Zeitschrift „Science“ berichten, stelle ihr Erfolg einen wichtigen Schritt hin zur Massenproduktion neuartiger Kohlenstofffasern dar.

„Metalldrähte beispielsweise für die Übertragung von Daten sind viel dicker, als sie für den elektrischen Kontakt sein müssten“, sagt Matteo Pasquali von der Rice University in Houston. Denn in dünnerer Ausführung würden sie schlicht zu leicht brechen. Als Ersatz bieten sich nun die neuen Fasern aus Kohlenstoffnanoröhrchen mit Durchmessern von nur einigen Millionstel Metern an. Belastungsversuche zeigten, dass die Fasern mehr als zehnmal so stabil waren als gleich dimensionierte Metalldrähte. Mit etwa fünf Megasiemens pro Meter leiteten sie elektrischen Strom zwar etwas schlechter als Gold oder Kupfer, aber immer noch gut genug für den Einbau in elektronische Schaltkreise.

Pasquali entwickelte dazu zusammen mit dem niederländischen Unternehmen Teijin Aramid in Arnhem und israelischen Kollegen ein Spinnverfahren, bei dem Bündel von Nanoröhrchen aus einer flüssigen Lösung zu langen Fäden verknüpft werden konnten. Dazu lösten sie die Nanoröhrchen in Chlorsulfonsäure und leiteten diese Flüssigkeit durch eine feine Spinndüse in Wasser oder Azeton. Ein Zusatz von Jod-Atomen, die an die Nanoröhrchen andocken konnten, sicherte die hohe elektrischen Leitfähigkeit. Bei diesem Spinnprozess lagerten sich Abertausende der Nanoröhrchen zu engen Bündeln zusammen und bildeten beliebig lange Fäden, die sich auf eine Spule aufrollen ließen. „Auf einer solchen Spule befinden sich Billionen über Billionen von Kohlenstoffnanoröhrchen“, sagt Pasquali.

Die Stabilität dieser Fäden reicht allerdings noch nicht aus, um leichte und reißfeste Seile für die oft propagierten Weltraumfahrstühle fertigen zu können. Dennoch eröffnet dieses Spinnverfahren erste Anwendungsfelder für Fäden aus Kohlenstoffnanoröhrchen etwa in der Elektronik. Pasquali ist sich bewusst, dass seine Fäden bei weitem nicht so stabil und leitfähig sind wie einzelne Nanoröhrchen. Daher will er sein Spinnverfahren mit möglichst perfekten, einwandigen Nanoröhrchen weiter optimieren und Schritt für Schritt die Eigenschaften der Fäden verbessern.

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