Neues Metamaterial verdreht sich unter Druck
Martin Wegener und seine Kollegen vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) simulierten zuerst mit aufwendigen Berechnungen, wie die einzelnen Elemente eines mechanischen Metamaterials aussehen müssten, um unter Druck eine kontrollierte Drehung vollziehen zu können. Die Simulationen ergaben eine hohle Würfelstruktur mit einem an mehreren Streben aufgehängten Ring in den Seitenwänden. Mit einem 3D-Drucker fertigten sie aus Kunststoff hunderte solcher filigranen Würfel mit Kantenlängen zwischen etwa 70 und 400 Mikrometer. Symmetrisch aufeinander gestapelt ergaben diese Würfel das gewünschte Metamaterial.
In mehreren Versuchen überprüften sie, ob ihre Prototypen tatsächlich ein chirales Verhalten, also eine reversible Torsionsverformung unter Druck zeigten. Tatsächlich verdrillten sich kleine Türme aus vier bis 500 solcher Würfel wie zuvor simuliert. Je nach Anordnung der Würfelmodule konnten die Forscher eine Links- oder eine Rechtsdrehung bei senkrecht einwirkendem Druck beobachten. Wenige größere Würfel ermöglichten eine Drehung um zwei Grad bei einer Kompression des Metamaterials um ein Prozent. Bei hunderten, kleineren Würfeln verringerte sich die Drehung etwa um die Hälfte. Ohne Druck nahmen alle Prototypen wieder ihre ursprüngliche Form an.
„Mit diesen künstlichen, dreidimensional gedruckten Materialien gehen nun plötzlich Dinge in der Mechanik, die in der Optik längst Gang und Gäbe sind“, sagt Wegener mit einem Verweis auf gedrehte Polarisationsebenen von Licht, wenn es etwa durch eine transparente Zuckerlösung scheint. Solche mechanischen Metamaterialen könnten in Zukunft etwa für spezielle Stoßdämpfer oder neuartige, stabilere Prothesen genutzt werden.