Neues Leben nach dem Buschfeuer: Zyanid aus der Asche lässt Pflanzensamen keimen

Die Asche verbrannter Vegetation enthält eine Substanz, die Zyanid freisetzt, welches als Keimsignal wirkt
Perth (Australien) - Ein Zyanid wie Zyankali wirkt einerseits als tödliches Gift. Andererseits trägt es nach einem Buschfeuer dazu bei, neues Pflanzenleben entstehen zu lassen. Denn die Asche verbrannter Pflanzen enthält eine Substanz, die bei Kontakt mit Wasser Zyanid freisetzt, berichten australische Forscher im Fachjournal "Nature Communications" (doi: 10.1038/ncomms1356). Das Zyanid wirkt auf die Samen vieler Pflanzenarten als Signal zum Auskeimen. Dieser natürliche Mechanismus sorgt dafür, dass sich nach großen Bränden die Vegetation schnell wieder erholt.

"In unserer Arbeit zeigen wir, dass beim Verbrennen von pflanzlichem Material Glyceronitril entsteht. Diese Verbindung ist einige Jahre lang stabil, setzt aber unter geeigneten Bedingungen langsam Zyanid frei", schreiben Gavin Flematti und seine Kollegen von der University of Western Australia in Perth. Dass in der Asche verbrannter Pflanzen Stoffe enthalten sind, die das Keimen von Samen auslösen können, war bekannt. Eine dieser Substanzen, das sogenannte Karrikinolid, konnte bereits identifiziert werden. In Versuchen mit Samen verschiedener Pflanzen aus Australien, Südafrika und Nordamerika entdeckten die Forscher, dass eine weitere Substanz, das Glyceronitril, das Auskeimen stimuliert. Diese entfaltet ihre Wirkung aber indirekt: Bei ihrem Zerfall bilden sich die nach Bittermandeln riechende Blausäure und das daraus entstehende Zyanid, das für die Signalwirkung verantwortlich ist. Glyceronitril und verwandte Verbindungen entstehen aus stickstoffhaltigen Zuckern und wurden bei mehr als 3.000 Pflanzenarten gefunden.

Zyankali weckt Samen auf

In Experimenten mit Samen der Känguruh-Blume (Anigozanthos manglesii) konnten die Wissenschaftler zeigen, dass ein ständiger Kontakt mit geringen Konzentrationen oder ein nur dreistündiger Kontakt mit höheren Konzentrationen von Zyankali (Kaliumcyanid) die Keimung in Gang setzen kann. Auf welche Weise das Zyanid als Signalstoff auf die Samen einwirkt, ist noch nicht geklärt. Manche Pflanzensamen reagierten nur auf Zyanid, andere stärker auf Karrikinolid und einige auf beide Wirkstoffe gleichermaßen. Mit ihrer Untersuchung haben die Forscher eine bisher unbekannte Rolle für Zyanid in der Pflanzenökologie aufgedeckt. Das könnte helfen zu erklären, wie sich Pflanzen im Lauf der Evolution an großflächige Feuerausbrüche angepasst haben.

Viele Pflanzen nutzen Zyanid, indem sie es als Waffe gegen Fraßfeinde einsetzen. Seine auch für den Menschen tödliche Wirkung beruht auf der Blockade eines Enzyms, das für die Verwertung von Sauerstoff lebenswichtig ist.

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Quelle: "Burning vegetation produces cyanohydrins that liberate cyanide and stimulate seed germination", Gavin R. Flematti et al.; Nature Communications, Online-Publikation, doi: 10.1038/ncomms1356


 

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