Neuer Typ von Lungenstammzellen entdeckt

Stimulierende Wirkstoffe könnten die Regeneration schwer geschädigter Lungen verbessern
Boston (USA)/Singapur (Singapur) - Die Lunge besitzt die Fähigkeit, auch große Gewebeschäden weitgehend zu regenerieren. Das schließen Forscher aus Singapur und den USA aus Experimenten mit Mäusen. Es ist ihnen gelungen, aus dem Lungengewebe von Mäusen und Menschen Stammzellen anzuzüchten, die sich zu Alveolen, den winzigen Lungenbläschen, weiterentwickeln können. Mit Wirkstoffen, die solche Stammzellen anregen, wäre es möglich, Lungenkrankheiten wie die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Lungenfibrosen besser zu behandeln, schreiben die Mediziner im Fachblatt "Cell".

"Wir haben entdeckt, dass die Lungen über ein robustes Regenerationspotenzial verfügen, und wir haben die spezifischen Stammzellen identifiziert, die dafür verantwortlich sind", sagt Frank McKeon von der Harvard Medical School in Boston, der zusammen mit Wa Xian vom A-STAR-Institute of Medical Biology in Singapur das Team leitete. Die Forscher untersuchten zunächst, wie massive Lungenschäden bei Mäusen durch natürliche Heilprozesse ausgebessert werden. Dazu infizierten sie die Tiere mit besonders aggressiven Grippeviren vom Typ H1N1, die dem tödlichen Erreger der Spanischen Grippe von 1918 sehr ähnlich waren. Zwei Wochen nach der Infektion waren fast 60 Prozent des Lungengewebes der erkrankten Tiere zerstört. Aber zwei bis drei Monate später sahen die Lungen wieder nahezu völlig normal aus. Auch bei Menschen, die eine schwere akute Atemwegserkrankung mit großen Gewebeschäden, das ARD-Syndrom, überstehen, kann man beobachten, dass die Lungenfunktion nach sechs bis zwölf Monaten wieder deutlich verbessert ist. Ob es sich dabei um eine echte Regeneration handelt, blieb aber ungeklärt.

Im extrem geschädigten Lungengewebe der Mäuse konnten die Forscher nun Stammzellen nachweisen, die sich stark vermehrten und Strukturen bildeten, die für Alveolen typisch sind. Die erstaunliche Geweberegeneration beruhte offenbar auf der Aktivität dieser Stammzellen. Auch in menschlichen Lungen fanden die Mediziner den gleichen Typ von adulten Stammzellen. Diese wandelten sich in der Kulturschale unter geeigneten Bedingungen ebenfalls zu Vorstufen von Alveolen um. Bei einer lebensbedrohlichen Grippe hätte eine Stammzelltherapie wegen des schnellen Krankheitsverlaufs wohl wenig Aussicht auf Erfolg, sagt McKeon. Aber bei chronischen Erkrankungen wie einer Lungenfibrose oder COPD wäre es möglich, durch eine Behandlung mit stimulierenden Wirkstoffen die Lungenstammzellen zu aktivieren und so die Regeneration zu verbessern.

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Quelle: "Distal Airway Stem Cells Yield Alveoli In Vitro and during Lung Regeneration Following H1N1 Influenza Infection", Pooja A. Kumar et al.; Cell, doi: 10.1016/j.cell.2011.10.001


 

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