Neue mögliche Ursache für Fettleibigkeit entdeckt

Bei Übergewicht sinkt der Östrogenspiegel im Gehirn
San Antonio (USA) - Bei Fettleibigkeit und Übergewicht ist die normale Regulation der Nahrungsaufnahme gestört. Verantwortlich dafür könnte auch ein Östrogenmangel im Gehirn sein, berichteten US-amerikanische Mediziner. Der Einsatz eines neu entwickelten bildgebenden Verfahrens hat gezeigt, dass Übergewichtige in einigen Hirnregionen deutlich weniger Östrogen bilden als Menschen mit Normalgewicht. Noch ist unklar, ob ein sinkender Östrogenspiegel Ursache oder nur Folge einer Gewichtszunahme ist. Möglicherweise könnten Wirkstoffe, die die Hormonproduktion ankurbeln, den Appetit zügeln und das Körpergewicht verringern, sagten die Forscher auf der Jahrestagung der Society of Nuclear Medicine in San Antonio. Östrogen wirkt nicht nur als Sexualhormon, sondern spielt auch als Botenstoff im Gehirn eine wichtige Rolle.

"Mit unserer Technik haben wir ermittelt, wie aktiv das Enzym Aromatase bei über- und normalgewichtigen Testpersonen in den Hirnregionen ist, die das Essverhalten beeinflussen", sagte Gene-Jack Wang vom Brookhaven National Laboratory in Upton, der Leiter der Studie. Die Aromatase ist das für die Östrogenproduktion wichtigste Enzym. Mit Hilfe einer speziellen Form der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) konnten die Forscher dieses Enzym im Gehirn sichtbar machen. Dazu injizierten sie den Probanden eine schwach radioaktiv markierte Substanz, die sich an die Aromatase anlagert. Ein dann durchgeführter Gehirn-Scan ermöglichte es, das Enzym zu lokalisieren und seine relative Aktivität festzustellen.

Geringere Enzymaktivität in drei Hirnregionen

Mit diesem Verfahren untersuchten die Mediziner die Gehirne von 5 gesunden übergewichtigen und 13 normalgewichtigen Menschen. Bei erhöhtem Body-Mass-Index (BMI) war die Aromatase-Aktivität im Hypothalamus, im Thalamus und in der Amygdala um 25-30 Prozent verringert. In diesen Hirnregionen war damit auch der Östrogenspiegel niedriger als bei den Probanden mit normalem Körpergewicht. Ob dadurch die Kontrolle der Nahrungsaufnahme gestört und eine Zunahme des Körpergewichts verursacht werden kann, müssen weitere Studien zeigen.

Den stärksten Zusammenhang zwischen Aromatase-Aktivität und BMI beobachteten die Forscher in der Amygdala, dem Sitz des emotionalen Gedächtnisses. "Die Nahrungsaufnahme wird nicht nur durch die Hungerzentren des Gehirns kontrolliert. Auch das Gedächtnis ist dabei wichtig und könnte das Essverhalten stark beeinflussen", sagte Wang. Mit der neuen Analysetechnik lassen sich nun die Zusammenhänge zwischen Östrogen und Fettleibigkeit, Nahrungsaufnahme und Appetitkontrolle genauer untersuchen. Das könnte bei der Entwicklung neuer Medikamente helfen.

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Quelle: "Decreased brain aromatase availability in overweight humans," Gene-Jack Wang et al.; Beitrag zur Jahrestagung der Society of Nuclear Medicine in San Antonio, Scientific Paper 340


 

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