Neue Methode verbessert Prognose der Erderwärmung
Andrew Jarvis von der Lancaster University und Piers M. Foster von der University of Leeds griffen auf die CO2-Daten der vergangenen 2000 Jahre zurück. Diese konnten über Analysen von Eisbohrkernen aus der Antarktis ermittelt werden, die ein natürliches Archiv zur Zusammensetzung der Atmosphäre bilden. Wie schon in früheren Studien erkannten sie einen linearen Zusammenhang zwischen CO2-Konzentration und Erderwärmung. So verursacht ein Anstieg um 100 ppm – CO2-Teilchen pro eine Millionen Teilchen in der Luft – eine Erhöhung der mittleren globalen Oberflächentemperatur um 1,06 Grad.
Dieser lineare Zusammenhang wurde durch zahlreiche Klimastudien bereits untermauert. Allerdings erlaubt er nur eine verlässliche Prognose der Erderwärmung, wenn der Ausgangspunkt vor Beginn der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen klar definiert ist. Bisher gilt der Zeitraum von 1850 bis 1900 als gute Basis für den CO2-Gehalt in der Atmosphäre vor der massenhaften Nutzung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdgas und Erdöl. Doch ausgehend von dieser Basislinie führt der lineare Zusammenhang zu einem Temperaturanstieg von 1,31 Grad für das Jahr 2023. Die reale Erwärmung wird damit also deutlich unterschätzt.
Zur Lösung des Problems verschoben Jarvis und Forster die Basislinie auf die CO2-Konzentration, die vor dem Jahr 1700 in der Atmosphäre herrschte. Ihr Argument: Im 19. Jahrhundert stieg die CO2-Konzentration bereits an und verfälscht so die Definition einer vorindustriellen CO2-Basislinie. In der Tat verfeuerten Menschen zwischen 1850 und 1900 schon signifikante Mengen an Kohle zum Heizen und zum Antrieb von Dampfmaschinen. Die Klimaforscher beziffern nun den CO2-Gehalt in der Atmosphäre in der vorindustriellen Zeit auf etwa 280 ppm. Heute liegt dieser Wert um 142 ppm deutlich höher bei über 420 ppm. Mit der so angepassten Basislinie schließen die Wissenschaftler auf eine Erderwärmung um 1,49 Grad für das Jahr 2023. Eine beeindruckende Übereinstimmung mit den ermittelten Werten.
Der neue Ansatz verbessert die Zuverlässigkeit von Vorhersagen der Erderwärmung um bis zu 30 Prozent. Er erlaubt damit, den Temperaturanstieg in den kommenden Jahrzehnten deutlich genauer zu prognostizieren. Zwar gilt die 1,5-Grad-Schwelle offiziell erst als gerissen, wenn dieser Wert durchschnittlich in einem 20-Jahres-Zeitraum überschritten wird. Doch das ist eine mehr oder weniger willkürliche, von Menschen gefasste Definition. Aktuell nehmen die CO2-Emissionen trotz aller Maßnahmen immer noch zu und haben im Jahr 2023 einen Höchstwert von rund 41 Milliarden Tonnen erreicht. So gibt es kein plausibles Argument, warum die globale Erwärmung in der kommenden Jahren wieder unter die 1,5-Grad-Schwelle sinken und keine drastischeren Reduktionsmaßnahmen ergriffen werden sollten.