Neue Form der natürlichen Virenabwehr entdeckt

Durch Produktion eines chemisch veränderten Nukleotids hemmen Säugetierzellen die Produktion viraler RNA und damit die Vermehrung der Viren
Modell der Molekülstruktur von Viperin
Modell der Molekülstruktur von Viperin
© David W. Gohara
Bronx / University Park (USA) - Säugetierzellen können auf eine Vireninfektion unter anderem dadurch reagieren, dass sie das Enzym Viperin produzieren. Auf welche Weise damit Viren abgewehrt werden, haben amerikanische Biochemiker jetzt aufgeklärt. Demnach bewirkt das Enzym, dass ein Baustein von Nukleinsäuren – ein sogenanntes Nukleotid – chemisch verändert wird. Wenn bestimmte RNA-Viren den „falschen“ Baustein in ihr Erbgut einbauen, kommt es zum Abbruch dieser für die Vermehrung der Viren notwendigen RNA-Produktion. Das auch von menschlichen Zellen gebildete antivirale Nukleotid verursacht keine erkennbaren Nebenwirkungen und hemmt sogar die Vermehrung von Zika-Viren, berichten die Forscher im Journal „Nature“. Die Verstärkung dieser Form der natürlichen Virenabwehr durch spezielle Wirkstoffe könnte neuartige Therapien ermöglichen.

„Die Natur hat ein Nukleotid-Analogon geschaffen, das der Zelle bei der Virenabwehr hilft und anscheinend keinerlei toxische Wirkung auf die Zelle hat“, sagt Craig Cameron von der Pennsylvania State University in University Park. Die Nukleinsäuren DNA und RNA sind Molekülketten, die durch Verknüpfung von vier unterschiedlichen Nukleotiden erzeugt werden. Damit sich ein Virus nach dem Eindringen in eine Zelle vermehren kann, muss es zunächst sein Erbgut aus DNA oder RNA vervielfältigen und dann mit Proteinen zu vollständigen Viruspartikeln zusammenfügen.

Cameron und seine Kollegen haben zusammen mit Forschern des Albert Einstein College of Medicine in Bronx herausgefunden, dass durch das Enzym Viperin das normale Nukleotid CTP in eine chemisch veränderte Form (ddhCTP) umgewandelt wird. Sind RNA-Viren in die Zelle eingedrungen, verwenden sie auch dieses Analogon, um neue RNA-Moleküle herzustellen. Der Einbau des falschen Nukleotids bewirkt dann den Abbruch der Kettenverlängerung. Chemisch hergestellte Nukleotid-Analoga hatten bisher immer den Nachteil, auch die Nukleinsäureproduktion der Wirtszellen zu stören. Diese Nebenwirkung hatte das ddhCTP erstaunlicherweise nicht. Es gebe offenbar Schutzmechanismen, die verhindern, dass das selbst erzeugte Nukleotid-Analogon in die eigene DNA und RNA eingebaut wird, schreiben die Autoren.

In Experimenten mit menschlichen Zellkulturen prüften die Forscher die Wirksamkeit von ddhCTP bei unterschiedlichen Arten von Viren. Gehemmt wurden RNA-Viren aus der Gruppe der Flaviviren. Dazu gehören neben Hepatitis-C-, Dengue- und West-Nil-Viren auch die Zika-Viren. Bei Schwangeren, die zu Beginn der Schwangerschaft am Zikafieber erkranken, wird die Hirnentwicklung des Fötus gestört und das Kind erkrankt an einer Mikrozephalie. Bisher gibt es gegen diese Infektion noch keine Therapie. Gegen andere RNA-Viren wie das menschliche Rhinovirus und das Poliovirus blieb das ddhCTP aus noch nicht geklärten Gründen wirkungslos. Unbeantwortet bleibt zunächst auch die für einen möglichen klinischen Einsatz wichtige Frage, ob die durch das natürliche Nukleotid-Analogon gehemmten Virusarten schnell resistent gegen den Hemmstoff werden können.

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