Neuartige Immuntherapie gegen tödliche Virusinfektionen

Ein neu entwickelter Antikörper, der vireninfizierte Zellen zerstört, stoppt die Vermehrung hämorrhagischer Fieberviren und könnte auch gegen mehrere andere Virusarten wirksam sein
Lassa-Viren (TEM-Aufnahme)
Lassa-Viren (TEM-Aufnahme)
© C. S. Goldsmith (Centers for Disease Control and Prevention)
Dallas (USA) - Wenn Lassa-Viren in eine Zelle eingedrungen sind, verändert sich die Zellhülle: Bestimmte Lipidmoleküle, die vorher nach innen ragten, verlagern sich an die Zelloberfläche. Amerikanische Forscher haben jetzt einen Antikörper entwickelt, der an diese Phospholipide ankoppelt. Das aktivierte im Tierversuch die Immunabwehr, so dass die infizierten Zellen abgetötet und die Virusvermehrung gestoppt wurde. Eine Immuntherapie mit dem Antikörper Bavituximab erwies sich bei Meerschweinchen als wirksam gegen eine tödliche Infektion mit Lassa-Virus-ähnlichen Viren und schützte Mäuse, die mit Cytomegalieviren (CMV) infiziert waren. Wahrscheinlich lässt sich der Antikörper gegen ein breites Spektrum verschiedener Virusarten - darunter Influenza- und HI-Viren -einsetzen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Medicine".

"Gegen Phosphatidylserin gerichtete Antikörper wie Bavituximab könnten eine völlig neue Klasse von Medikamenten bilden, die zur Behandlung lebensbedrohlicher Virusinfektionen zur Verfügung stünden", sagt Philip Thorpe vom Southwestern Medical Center der University of Texas in Dallas, der auch für das Pharmaunternehmen Peregrine Pharmaceuticals tätig ist. Er und seine Kollegen haben einen Antikörper hergestellt, der nicht in erster Linie die Viren selbst, sondern die von ihnen infizierten Zellen angreift. Die neue Strategie beruht auf der Beobachtung, dass sich bei einer Infektion mit Lassa-Viren und Cytomegalieviren Phosphatidylserin-Moleküle der Zellhülle von innen nach außen verlagern. Das unterdrückt normalerweise die Immunabwehr und ermöglicht die ungestörte Vermehrung der Viren im Zellinnern. Die Forscher nutzten diese Veränderung als Ansatzpunkt für eine Immuntherapie. Bavituximab erkennt die infizierten Zellen indem es sich an die Phosphatidylserin-Moleküle anlagert. Das löst Immunreaktionen aus, die zur Zerstörung dieser Zellen führen, bevor sich darin neue Viren gebildet haben. Da Phosphatidylserin auch Bestandteil der Virushüllen ist - denn die äußere Hülle der Viren stammt von den zuvor infizierten Zellen - werden durch die Immuntherapie gleichzeitig auch die freien Viruspartikel angegriffen.

Von den Meerschweinchen, die mit tödlichen Pichinde-Viren - einem mit dem Lassa-Virus verwandten Erreger von hämorrhagischem Fieber - infiziert wurden, überlebten nach Behandlung mit Bavituximab 50 Prozent. Ohne Behandlung starben sämtliche Tiere. CMV-infizierte Mäuse überlebten zu 100 Prozent, während 75 Prozent der nicht behandelten Tiere starben. Durch Kombination mit dem antiviralen Mittel Ribavirin ließ sich die Überlebensrate bei Lassafieber noch erhöhen. Einen großen Vorteil dieser Immuntherapie sehen die Forscher darin, dass die Viren nicht durch Mutationen resistent werden können. Das liegt daran, dass der Angriffspunkt, das Phosphatidylserin, nicht von den Viren, sondern von den Wirtszellen gebildet wird. Zum "Umklappen" der Lipidmoleküle in der Zellhülle von innen nach außen kommt es auch bei Infektionen mit Hepatitis C-, Grippe-, Herpes-, Tollwut und HI-Viren. Klinische Studien zum Einsatz von Bavituximab bei Patienten mit Hepatitis C sind bereits angelaufen.

University of Texas Southwestern
Quelle: "Targeting inside-out phosphatidylserine as a therapeutic strategy for viral diseases", M Melina Soares et al., Nature Medicine, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nm.1885


 

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