Neigen Vegetarier eher zu Essstörungen?
„Zu den Personengruppen mit einem erhöhten Risiko für Orthorexie zählen Jugendliche, Sportler, Medizinstudenten und Beschäftigte im Gesundheitswesen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Vegetarier und Veganer zu diesen Risikogruppen hinzugezählt werden sollten“, schreiben Pınar Çiçekoğlu und Güzin Yasemin Tunçay von der Çankırı Karatekin University. Die Forscher gingen der Vermutung nach, dass Menschen, die sich fleischlos ernähren, häufiger Anzeichen von Zwangsstörungen, gestörtem Essverhalten im Allgemeinen und Orthorexie im Besonderen zeigen könnten. Noch ist umstritten, ob die Orthorexia Nervosa eine eigenständige psychische Erkrankung darstellt oder die Folge einer Ess- oder Zwangsstörung ist. Die Betroffenen beschäftigen sich zwanghaft – oft mehrere Stunden am Tag – mit Überlegungen zur Qualität ihrer Nahrungsmittel, sorgen sich um schädliche Inhaltsstoffe und geben unangemessen viel Geld für die „richtige“ Ernährung aus. Vegetarier essen kein Fleisch, eventuell aber von Tieren erzeugte Lebensmittel wie Molkereiprodukte, Eier und Honig. Veganer verzichten auf alle Arten tierischer Produkte und nutzen auch keine an Tieren getestete Kosmetika oder Reinigungsmittel.
An der Studie beteiligten sich 62 Männer und Frauen im Alter von durchschnittlich 33,5 Jahren. Die Hälfte davon bestand zu etwa gleichen Teilen aus Vegetariern und Veganern. Die meisten davon lebten seit ein bis fünf Jahren, fünf Personen von Geburt an, ohne Fleisch zu konsumieren. Etwas mehr als die Hälfte der Probanden nannte ethische Gründe für ihre Ernährungsweise. Die Auswertung standardisierter Fragebögen gab Auskunft über das Essverhalten und Merkmale von Zwangsstörungen. Es ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen Vegetariern und Veganern einerseits und Fleischessern andererseits. Generell erhöhte sich das Orthorexie-Risiko, wenn sich auch Anzeichen einer anderen Ess- oder einer Zwangsstörung verstärkten. Die Wahrscheinlichkeit einer Orthorexie oder Zwangsstörung war insgesamt unabhängig von Geschlecht, Alter und Bildungsstand. Allerdings hatten in beiden Gruppen Männer ein höheres Risiko für gestörtes Essverhalten als Frauen. Größere Studien, die verschiedene Risikogruppen einschließen müssten, seien nach Ansicht der Autoren nötig, um die vorliegenden Ergebnisse zu prüfen und generelle Schlussfolgerungen ziehen zu können.
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