Naturprodukt aus dem Labor wirkt als Schmerzmittel

Chemisch synthetisiertes Conolidine ersetzt Morphin im Tierversuch - aber ohne dessen Nebenwirkungen
Jupiter (USA) - Eine Alternative zu Opiat-basierten Schmerzmitteln wie Morphin könnte das bisher seltene Naturprodukt Conolidine sein. US-amerikanischen Chemikern gelang es nun erstmals, größere Mengen des Wirkstoffs im Labor zu synthetisieren, um es in Tierversuchen mit Mäusen einsetzen zu können. Bei den Nagern wirkt es nicht nur sehr effektiv als Schmerzmittel, sondern es kann auch mühelos die Blut-Hirn-Schranke überwinden. In den bisherigen Experimenten weist es außerdem keine der negativen Nebenwirkungen der Morphins auf - von Übelkeit und Brechreiz über chronische Verstopfung bis hin zu Atemnot und Todesfolgen. Möglicherweise tut sich mit diesem im Fachblatt "Nature Chemistry" beschriebenen neuen Ansatz ein völlig neuer Weg zur Schmerzbekämpfung auf.

Bisher konnte Conolidine nur in winzigen Mengen aus der Rinde der tropischen Schmetterlings-Gardenie (Tabernaemontana divaricata) gewonnen werden. Diese Pflanze ist schon lange Teil der traditionellen Medizin in China, Thailand und Indien: Extrakte der Blätter werden dort gegen Entzündungen von Wunden eingesetzt, die Wurzel gilt als Mittel gegen Zahnschmerzen. Andere Teile der Pflanze werden gegen Hautkrankheiten genutzt.

Die Forscher um Michael A. Tarselli vom Scribbs Research Institute in Florida sind erstaunt über die starken schmerzstillenden Eigenschaften der Substanz. Die pharmakologischen Studien zeigen, dass sie genau so stark wie Morphin wirkt, ohne zu den Opiaten zu gehören. Dabei werden sowohl akute Schmerzen als auch durch Entzündungen hervorgerufene Pein bekämpft. Da die Substanz die Blut-Hirn-Schranke mühelos überwindet, sind die Konzentrationen sowohl im Blut wie im Gehirn auch vier Stunden nach der Injektion relativ hoch.

"Eine Herausforderung ist aber immer noch, den genauen Mechanismus der Wirkung herauszufinden", meint Tarsellis Kollegin Laura Bohn. Selbst nach der Verfolgung von 50 möglichen Zielen in der Zelle, hat die Forschergruppe den Wirkweg noch nicht aufklären können. Nicht nur, dass Conolidine nicht an den üblichen Empfängermolekülen der Opiate ansetzt. Vielmehr lässt es auch die Andockstellen der meisten anderen Überträger von Nervenimpulsen aus. "In dieser Hinsicht ist es sogar schlecht, dass keine Nebenwirkungen auftreten", so Bohn. "Denn dann hätten wir zusätzliche Hinweise, an welcher Stelle die Substanz wirkt." Insofern sei man auf dem Weg zu einem Schmerzmittel erst am Anfang der Entwicklung.

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Quelle: "Synthesis of conolidine, a potent non-opioid analgesic for tonic and persistent pain", Michael A. Tarselli et al.; Nature Chemistry (DOI: 10.1038/NCHEM.1050)


 

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